Forschungs- und Innovationsprojekt
Entwicklung von leistungsstarken Hochalphasorten mit besonderer Eignung für den Anbau im Elbe-Saale-Gebiet

Das Elbe-Saale Hopfenanbaugebiet leistet mit seinen 1.580 ha (7,7 % der deutschen Hopfenfläche) einen entscheidenden Beitrag zur weltmarktbestimmenden Rolle Deutschlands in der Hopfenproduktion. Bitter- und Hochalphasorten dominieren hier im Anbau. Hauptsorte ist nach wie vor seit ca. 25 Jahren die robuste Hochalphasorte Hallertauer Magnum, auch wenn sich der Flächenanteil von 65 auf unter 40 % reduzierte und sich das Sortenspektrum merklich ausgeweitet hat. Aber Hallertauer Magnum mit seinem Alphasäureertrag von 280 kg α/ha ist im Vergleich zur Hüller Hochalphasorte Herkules mit über 500 kg α/ha nicht mehr konkurrenzfähig. Der Umstieg im Anbau in den Elbe-Saale-Hopfenanlagen auf die Sorte Herkules ist jedoch aufgrund ihrer hohen Stockfäuleanfälligkeit nicht gelungen.

Zielsetzung

Zielsetzung dieses Züchtungsvorhabens ist es, neue leistungsfähige und robuste Hopfenstämme zu züchten und zu testen, die durch ihre hohen Alphasäuregehalte und ihre breiten Widerstandsfähigkeiten, insbesondere gegenüber Stockfäuleerregern, auch unter den speziellen Bedingungen des Anbaugebietes Elbe-Saale produziert werden können. Des Weiteren soll eine bessere Klimaadaptation und Nährstoffeffizienz erreicht werden. Letzteres ist vor allem im Kontext der neuen Düngeverordnung relevant.

Durchführung

Dolden eines Hüller Hochalphazuchtstammes.Zoombild vorhanden

Hüller Hochalphazuchtstamm

Seit 2016 läuft ein klassisches Kreuzungsprogramm mit Hüller Zuchtmaterial, das neue standort-angepasste und brautechnisch interessante Hochalphahopfen hervorbringen soll. Darüber hinaus werden in gezielten Anbautestungen bei Pflanzern im Elbe-Saale-Gebiet Zuchtlinien der LfL aus bereits laufenden Programmen auf ihre Anbaueignung hin geprüft.

Ergebnisse

Kreuzungspart
Zur Umsetzung dieses Zieles werden Hochalphazuchtstämme neu entwickelt. Seit Projektbeginn 2016 wurden dazu insgesamt über 250 gezielte Kreuzungen mit speziell ausgewählten Kreuzungseltern aus dem Hüller Zuchtmaterial durchgeführt. Allein im Juli 2022 waren es fast 50. Erste Erkenntnisse zu neuen vielversprechenden Zuchtstämmen aus diesen Kreuzungen liegen bereits vor.
Um einen schnelleren Züchtungsfortschritt zu erreichen, werden bereits 70 vorselektierte Zuchtstämme aus den vor Projektbeginn laufenden LfL-Hochalpha­züchtungs­programmen auf ihre Anbaueignung geprüft. Dabei werden sie an zwei Standorten in der Hallertau in Wiederholungen von der LfL getestet.
Einige ertragsstarke Stämme mit hohen bis sehr hohen Alphasäuregehalten sind vielversprechende Kandidaten für den Reihenversuchsanbau auf Praxisbetrieben im Elbe-Saale-Gebiet.

Ein Mann prüft Sämlinge im Gewächshaus.

Reihenversuchsanbau
Im Reihenversuchsanbau werden seit 2014 bei einem Pflanzer im Elbe-Saale-Anbaugebiet fünf Hüller Hochalphastämme auf ihre Standorteignung geprüft. Die LfL begleitet diesen Anbauversuch wissenschaftlich wie auch fachtechnisch gemeinsam mit der Thüringischen Landesanstalt.
Zur Auswahl für diesen Reihenversuchsanbau kamen nur Hochalphastämme, die im Zuchtgarten in Hüll gute Stockgesundheit erkennen ließen und zudem in ihren agronomischen Eigenschaften und Resistenzen überzeugten.
Verlässliche Aussagen zum jeweiligen Zuchtstamm können erst nach fünfjähriger Anbauprüfung getroffen werden. Seit Frühjahr 2018 beteiligen sich zwei weitere Betriebe am Reihenversuchsanbau, so dass nun in allen drei Ländern vielversprechende Hochalphazuchtstämme im Praxisanbau geprüft werden.
Ausblick
Bei den Neuzüchtungen sind erfolgversprechende Ansätze erkennbar. Vielversprechende Kandidaten müssen sich aber nachfolgend im Reihenversuchsanbau auf Praxisbetrieben bewähren.
Sortenschutzantrag für neue Hochalphasorte Titan gestellt
Im Dezember 2021 wurde für den Hochalphazuchtstamm 2011/71/19 unter der Sortenbezeichnung "Titan" Sortenschutzantrag beim Europäischen Sortenamt (CPVO) gestellt. Die Markteinführung ist für das Jahr 2023 vorgesehen. Dieser Zuchtstamm wurde zwar bereits vor Beginn des Forschungsprojektes gekreuzt, steht aber seit Beginn des Projekts im Reihenversuchsanbau. Hier konnte er durch seine gute Resistenzausstattung, Stockgesundheit und agronomischen Eigenschaften überzeugen.

Wirtschaftliche Bedeutung der Projektergebnisse

Durch dieses Projekt werden leistungsfähige und zugleich robuste, klimatolerante Hochalpha­zuchtstämme entwickelt, die an die speziellen Anbaubedingungen der Elbe-Saale-Region angepasst sind und somit insbesondere gegenüber Erregern der Stockfäule hohe Widerstandsfähigkeit aufweisen.
Die künftigen neuen modernen Hochalphasorten sollen mit all ihren Vorteilen
  • hohe stabile Alphasäureerträge,
  • breite Krankheitsresistenzen, vor allem verbesserte Mehltauresistenz,
  • hohe Stockfäuletoleranz,
  • Klimatoleranz,
  • Stickstoffeffizienz
die Wettbewerbsfähigkeit der Elbe-Saale-Hopfenbauregion auf dem Weltmarkt langfristig sichern. Zugleich ermöglichen diese Sorten eine umweltverträglichere Produktion mit weniger Einsatz von Pflanzenschutzmitteln und Dünger.

Weitere Informationen zur Entwicklung einer neuen Hopfensorte

Einen schönen Überblick über den Ablauf der Sortenentwicklung von Kreuzung bis zur fertigen Sorte gibt eine Doku von münchen.tv in der Sendereihe Heimatgschichtn.

Video "Heimatgschichtn – im Hopfenforschungszentrum Hüll" auf münchen.tv Externer Link

Projektinformation
Projektleitung: A. Lutz
Projektbearbeitung: A. Lutz, J. Kneidl, D. Ismann und Züchtungsteam; Dr. K. Kammhuber, S. Beck, B. Wyschkon, M. Hainzlmaier und S. Weihrauch
Laufzeit: 01.01.2016–31.12.2025
Projektpartner: Hopfenpflanzerverband Elbe-Saale e.V.; Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft (TLL); Hopfenbetrieb Berthold, Thüringen; Hopfengut Lautitz, Sachsen; Agrargenossenschaft Querfurt, Sachsen-Anhalt
Förderung: Thüringer Ministerium für Infrastruktur und Landwirtschaft; Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie des Landes Sachsen-Anhalt; Sächsisches Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft