Forschungs- und Innovationsprojekt
Greentopping-Starter
Anlage und Evaluierung der Etablierung regional angepasster Saatgutmischungen zur Steigerung der Multifunktionalität mittelintensiv genutzten Grünlands
Dass extensives Grünland oft artenreich, aber auch wenig produktiv ist, ist hinlänglich beschrieben und erforscht.
Das Projekt behandelt - bei aktiver Mitarbeit der beteiligten Landwirte - Möglichkeiten der kurzfristigen Anreicherung von erwünschten Kräutern im produktiven mittelintensiven Grünland sowie deren möglichst langer Erhalt im Bestand bei drei (bis maximal vier) Nutzungen im Jahr.
Hintergrund
Ein hoher Anteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) Deutschlands ist Grünland. In Bayern ist ca. ein Drittel der LN Grünland (INVEKOS 2019) . Dieses trägt in der bayerischen Landwirtschaft damit auch ganz erheblich zur Produktion von Milch und Fleisch bei. Rund 40 % aller gefährdeten Farn- und Blütenpflanzen haben ihr Hauptvorkommen im Grünland (BfN 2014). Während es zur Artenanreicherung in extensiv genutzten Grünlandbeständen und Landschaftsrasen umfangreiche Untersuchungen und Ergebnisse gibt, beschränkt sich das Wissen und die Anwendung in intensiver genutztem Grünland auf das Artenspektrum von Gräsern und Kleearten mit hohem Ertragspotenzial. Hierfür liegen differenziert nach Region, Anbauziel und -intensität Sorten- und Mischungsempfehlungen vor.
Für Kräuter hingegen gibt es aktuell vergleichsweise wenig agronomisch ausgerichtete Untersuchungen in intensiver genutzten Futterbaubeständen. Der Mangel an Praxisuntersuchungen liegt an der allgemein als gering angesehenen Durchsetzungsfähigkeit von Dikotylen in mit Stickstoff gut versorgten Grünlandbeständen sowie an der früher nicht ausreichenden Saatgutverfügbarkeit gebietsheimischer Arten.
Mit der Entwicklung eines erfolgreichen Marktes für regional gewonnenes und vermehrtes Saatgutes von Arten, die nicht im Artenverzeichnis stehen, eröffnen sich neue Chancen für landwirtschaftliche Betriebe. Mittlerweile werden vom Handel erste Mischungen vertrieben, die diesen neuen Markt in Deutschland erschließen.
Zielsetzung
Ziel ist es, Ansaat- und Nachsaatmischungen für den Bereich der Drei- bis Vierschnittwiesen zu entwickeln, die zu Beständen führen, die die Anforderungen an Qualität und Ertrag für eine wirtschaftliche betriebliche Verwertung erreichen und dabei ein zu den Ausgangsbeständen erweitertes Artenspektrum aufweisen.
Hierbei soll jedoch die wirtschaftliche innerbetriebliche Verwertung beibehalten werden. Das heißt: trotz evtl. veränderter Zuckergehalte weiterhin gute Siliereignung der Aufwüchse Rohproteingehalte und Rohfasergehalte der Aufwüchse bleiben in einem Rahmen, der eine wirtschaftliche Verwertung durch den Wiederkäuer zulässt. Je nach dem welcher Schnitt genutzt wird, soll das Futter durch laktierende oder trockenstehende Kühe oder Färsen genutzt werden können.
Im Rahmen des hier vorgeschlagenen Projekts sollen der landwirtschaftlichen Praxis daher Mittel und Methoden an die Hand gegeben werden, um die Artenvielfalt mittelintensiv genutzter Grünlandbestände gezielt zu erweitern und diese für eine ausgewogene Fütterung und positive Umweltwirkungen wirtschaftlich multifunktional nutzbar zu machen.
Das Projekt beschränkt sich als Pilotstudie auf das Gebiet um Garmisch-Partenkirchen. Es werden praktische Versuchsansätze entwickelt (Ansaatvorbereitung und -durchführung sowie grundsätzliche Zusammensetzung von Saatgutmischungen) als erste Bausteine einer schnellen, aber dennoch nachhaltigen Aufwertungsstrategie unbefriedigend zusammengesetzter Aufwüchse von Wirtschaftsgrünland, das üblicherweise dreimal genutzt wird. Es kann damit als ein Element einer Aufwertung des kleinstrukturierten Alpenvorraums dienen.
In einem Folgeprojekt sollen die gewonnen Erkenntnisse auf weitere Regionen mit höheren Anteilen an Grünland entsprechender Nutzungsintensität erweitert werden.
Die artenreiche Grünlandmischung hat neben dem landwirtschaftlichen Aspekt weitere Vorteile für die lokale Fauna, die in zahlreichen Wechselbeziehungen mit der Flora steht (Dierschke & Briemle 2002). Beispielsweise Steigerung der Blühdauer und Pollenlieferung für Honigbienen und Wildinsekten und ästhetische Aufwertung des Landschaftsbildes - und damit seines Erholungswertes.
Für Naherholungssuchende, Touristen und auch Naturschützer ist Grünland eine wichtige Naturresource, die vor allem durch Wandern und Radfahren aktiv genutzt und erlebt wird. Artenreiche Bergwiesen sind Teil der kulturellen Individualität dieser Region und damit ein Anziehungspunkt für Erholungssuchende. In ökonomisch benachteiligten Alpen- oder Mittelgebirgsregionen ist der Tourismus ein erheblicher Teil der lokalen Wirtschaftskraft. Blütenreiches Grünland unterstützt damit eine multifunktionale Landnutzung und fördert insgesamt die Kulturlandschaft.
Daneben soll ein Beitrag bei der Zurückdrängung von Kreuzkrautarten und anderen Giftpflanzen geleistet werden sowie zum Erhalt einer dichten Grasnarbe.
Neben der Entwicklung der Mischungen ist eine an diesen Zielen optimierte Nutzungsempfehlung zu erarbeiten. Der landwirtschaftlichen Praxis sollen damit Mittel und Methoden an die Hand gegeben werden, um die Artenvielfalt mittelintensiv genutzter Grünlandbestände gezielt zu erweitern und diese für eine ausgewogene Fütterung und positive Umweltwirkungen wirtschaftlich multifunktional nutzbar zu machen.
Methode
Streulagenversuch in Form von zwölf zwei-faktoriellen Streifenanlagen an sechs Betrieben im Landkreis Garmisch-Partenkirchen:
- eine empfohlene Grundmischung
- vier "Kräuter-Toppings" (mögliche Ergänzungen der Grundmischung durch definierte Kräuterzugaben)
- zwei Saatstärken dieser "Kräuter-Toppings"
Anlage der Versuche: Frühjahrsansaat 2020
Technik: Praxistechnik der teilnehmenden Betriebe
Ergebnis
Ergebnisse zur Etablierung der Ansaaten werden bis Ende Projektende erwartet.
Das Projekt dient als Tastversuch bzw. Einstieg für ein Folgeprojekt mit deutlich erweitertem Ansatz (drei Regionen in Bayern) und mindestens drei Jahren Laufzeit.
Projektinformation
Projektleitung: Dr. S. Hartmann
Projektbearbeitung: K. Möhrle
Projektpartner: TUM, Lehrstuhl für Renaturierungsökologie, Prof. Kollmann
Unterstützende Partner: Zugspitzregion GmbH, Naturpark Ammergauer Alpen e.V., Bauernverband Werdenfelser Land
Laufzeit: 01.09.2019 - 30.08.2020
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung Landwirtschaft und Forsten
Förderkennzeichen: A/19/07