Q-Select – statistische Auswertung von Versuchsserien von Deutschem Weidelgras (Lolium perenne)

Parzellen mit Gräsersuchen gekennzeichnet durch Etiketten.

Statistische Auswertung umfangreicher Feld- und Qualitätsdaten (NIRS - Nahinfrarotspektroskopie) mehrjähriger und mehrortiger Feldversuche von Deutschem Weidelgras (Lolium perenne), angelehnt oder integriert in Landessortenversuche.

Im Rahmen eines gemeinsamen Ansatzes wurden von einem Teil der Länderdienststellen (koordiniert durch den Verband der Landwirtschaftskammern), im Bereich Futterpflanzen (Gräser, kleinkörnige Leguminosen) tätigen Züchtungsfirmen (vertreten durch den Bundesverband deutscher Pflanzenzüchter) sowie dem Julius Kühn Institut und dem Bundessortenamt in Eigenleistung zwischen 2016 und 2019 bundesweit mehrjährige Feldversuche mit Deutschem Weidelgras (Lolium perenne) angelegt. Dabei wurden 10 verschiedene Sorten von Deutschem Weidelgras an jeweils 18 Standorten einmal zu einem für die jeweilige Erntegruppe üblichen Erntezeitpunkt geerntet sowie einmal zum Zeitpunkt ihrer benachbarten Erntegruppe und im Labor bezüglich ihrer Qualität beprobt. Die Erntegruppen gliedern sich in früh, mittel und spät (Details siehe unten). Ziel dieses gemeinsamen Vorhabens war die Quantifizierung des Einflusses der unterschiedlichen Schnittzeitpunkte auf Ertrag und Qualität, um somit eine präzisere Differenzierbarkeit der Sorten zu gewährleisten. Das Projekt Q-Select bildet den Rahmen für die statistische Auswertung der bei den Versuchen erhobenen Daten.

Hintergrund

Staatliches Prüfwesen

Bundesweit werden regelmäßig Feldversuche durch staatliche Institutionen aus unterschiedlichen Gründen angelegt. Zum einen werden Sorten im Rahmen von Wertprüfungen des BSA getestet, um ihren landeskulturellen Wert als Voraussetzung für ihre Zulassung zu ermitteln. Eine Sorte besitzt landeskulturellen Wert, wenn sie in der Gesamtheit ihrer Eigenschaften gegenüber den zugelassenen vergleichbaren Sorten eine deutliche Verbesserung für den Pflanzenbau, für die Verwertung des Ernteguts oder die Verwertung aus dem Erntegut gewonnener Erzeugnisse erwarten lässt. Zum anderen werden im Rahmen von Landessortenversuchen bereits zugelassene Sorten mit dem Ziel verglichen, die besten Sorten für die jeweilige Anbau- bzw. Beratungsregion sowie für die geplante Nutzung (z. B. Feldfutterbau/Grünland) herauszusuchen. Auf Basis dieser Daten wird die Sortenberatung für die landwirtschaftlichen Betriebe organisiert. In beiden Prüfungen – Wertprüfungen und Landessortenversuche – ist die Differenzierbarkeit der Sorten von großer Bedeutung.

Die Beziehung zwischen Ertrag und Qualität

Im Rahmen dieser Prüfungen werden bei Deutschem Weidelgras Sorten auf Basis der im Rahmen der Registerprüfung ermittelten Zeitpunkte Ährenschieben in Tagen nach dem 1. April in neun Reifegruppen eingeteilt. Jeweils drei Reifegruppen (1-3, 4-6, 7-9) werden unterteilt in insgesamt drei Erntegruppen (früh, mittel, spät). Ertrag und Qualität werden bei Gräsern sehr stark vom jeweiligen physiologischen Alter der Pflanze bestimmt. Hierbei nimmt mit dem physiologischen Alter der Trockenmasseertrag zu, während die Qualität (definiert durch den Gehalt an Inhaltsstoffen und deren Nährwert für das Tier) abnimmt. Bei einer versuchstechnisch bedingten gemeinsamen Ernte von Sorten unterschiedlichen physiologischen Alters führt dies z. B. bei Deutschem Weidelgras zu einer negativen Beziehung zwischen Trockenmasseertrag und Qualität innerhalb einer Erntegruppe. Bei einer gemeinsamen Ernte haben also frühere Sorten einen vergleichsweisen hohen Ertrag, dafür aber geringere Qualität. Bei späten Sorten ist das Verhältnis andersherum.
Die Feststellung von Qualitätsmerkmalen ist bisher bei Sortenversuchen von Futtergräsern nicht allgemeiner Standard. Das Wirtschaftsgrünland und der Feldfutterbau sind jedoch Hauptgrobfutterbasis für Milchvieh in Deutschland. Deutsches Weidelgras ist dabei das bedeutendste züchterisch bearbeitete Futtergras und wichtiger bis bestimmender Bestandteil größerer Anteile des intensiven Wirtschaftsgrünlandes. Die Integration einer Prüfung auf Futterqualität in die bundesweiten Prüfsysteme, wie z. B. Landessortenversuche oder Wertprüfungen, würde damit einen Beitrag zur Verbesserung der Beratung tierhaltender Betriebe leisten. Insbesondere Milchviehbetriebe würden davon profitieren. Zudem eröffnete die Prüfung auf Futterqualität auch im Zulassungsverfahren wertvolle Ansätze für die Futterpflanzenzüchtung.

Problemstellung

Landessortenversuche und Wertprüfungen werden aus arbeitswirtschaftlichen Gründen wie auch zur Vermeidung von Nachbarschaftseffekten in Erntegruppen geerntet. Bereits durch die unterschiedlichen Reifegruppen der Sorten innerhalb einer Erntegruppe entstehen somit Abweichungen der Erntereife sowie Ertrags- und Qualitätsverluste. Zusätzlich entstehen dabei Ungenauigkeiten in Hinblick auf die Differenzierbarkeit der Sorten. Auch der praktische Landwirt geht bei der Wahl des Schnittzeitpunkts in aller Regel einen Kompromiss ein, da in der Praxis nicht einzelne Sorten, sondern Mischungen aus mehreren Sorten angebaut werden. Wirtschaftswiesen in Bayern enthalten beispielsweise im Mittel ca. 15 bis 18 Arten, in Bayern empfohlenen Feldfutterbaumischungen zwischen 4 bis 10 Arten. Da der Landwirt alle Sorten zu einem Zeitpunkt gemeinsam erntet, müssen auch hier bei Ertrag und Qualität Kompromisse eingegangen werden.
In Artengemengen liegt der optimale Schnittzeitpunkt für eine Kombination von hohem Ertrag und hoher Qualität dann vor, wenn die hauptbesandesbildenden Futtergräser kurz vor dem Ähren- und Rispenschieben sind. Bei einer Sortenprüfung sind weder die spätere Nutzung noch die möglichen Mischungspartner bekannt. Daher ist das Ziel der Sortenprüfung eine möglichst gerechte und präzise Beurteilung der Sorte zu ihrem sortenspezifisch optimalen Zeitpunkt für Trockenmasseertrag und Qualität.

Ausblick

Um den Einfluss des unterschiedlichen Schnittzeitpunktes der Erntegruppen (also des physiologischen Alters der Pflanzen) auf die Beziehung zwischen Ertrag und Qualität zu quantifizieren, werden in diesem Projekt Daten einer Versuchsserie ausgewertet werden, in dem Sorten von Deutschem Weidelgras zu ihrem richtigen Schnittzeitpunkt und einem differenzierten Schnittzeitpunkt geerntet wurden. Aus den Daten soll ein Korrekturfaktor ermittelt werden, der eine präzisere Beurteilung einer Sorte erlaubt, trotz ihrer Ernte innerhalb einer Erntegruppe.

Datengrundlage und Methodik

Als Datengrundlage dienen die Daten des Pilotprojekts (2016 - 2019), in welchem 10 verschiedene Sorten von Deutschen Weidelgras an jeweils 18 verschiedenen Standorten zu ihrem richtigen Erntezeitpunkt und zu einem differenzierten Zeitpunkt geerntet wurden und im Labor bezüglich ihrer Qualität beprobt wurden. Die vorliegenden Daten des mehrjährig und mehrortig durchgeführten Feldversuches (Multi-Environment-Trials oder MET) sollen mit Hilfe des Ansatzes von Gemischten Linearen Modellen mit den Statistikpaketen SAS und R ausgewertet werden.

Projektziele

Das übergeordnete Ziel dieses Projekts ist die weitere Verbesserung der Sortenbeurteilung. Die Versorgung und Beratung mit geeigneten Sorten auf Basis der Sortenbeurteilung für die landwirtschaftlichen Betriebe in den verschiedenen Regionen sind von hoher Bedeutung. Nicht nur der sortenspezifische Ertrag soll da inbegriffen sein, sondern auch der Aspekt stetig verbesserter Futterqualität. Die Ergebnisse dieses Projekts sollen zu dem Ziel einer präzisen Sortenbeurteilung beitragen. Dies soll jedoch nicht oder nur geringem Ausmaß zu einem höheren Personal- und Sachaufwand für das staatliche Prüfsystem bei Futterpflanzen führen, dass bereits aktuell mit sehr knappen Ressourcen ausgestattet ist.
Ziel der Datenauswertung ist es, Erkenntnisse darüber zu gewinnen, ob man durch die unterschiedlichen Erntezeitpunkte der jeweiligen Sorte eine sortenspezifische Korrektur errechnen kann. Diese Korrektur soll eine präzise und um das physiologische Alter korrigierte Beurteilung einer Sorte ermöglichen, trotz ihrer Ernte innerhalb einer Erntegruppe. Dies soll jedoch nicht oder nur zu einem geringem Ausmaß zu einem höheren Personal- und Sachaufwand für das staatliche Prüfsystem bei Futterpflanzen führen, das bereits aktuell mit sehr knappen Ressourcen ausgestattet ist. Nicht nur in der Sortenbeurteilung soll dies Nutzen finden. Zusätzlich soll dies auch zur Prognose der Qualität von Sorten in einer vom Landwirt genutzten Mischung dienen.

Ergebnisse

Mit ersten Ergebnissen ist voraussichtlich Ende 2025 zu rechnen.

Kooperationspartner

  • Julius-Kühn Institut (JKI)
  • Bundessortenam (BSA)
  • Länderdienstelle (LDS)
  • Bundesverband deutscher Pflanzenzüchter (BDP)

Projektinformation
Projektleitung: Dr. Stephan Hartmann
Projektbearbeitung: Anne-Katrin Gorn
Projektlaufzeit: 01.10.2024 - 30.09.2027
Finanzierung: Bayerisches Staatministerium für Landwirtschaft, Forsten und Tourismus
Förderkennzeichen: L2-0312-1/1736/2