Nutzung von Grünland zur Biogaserzeugung
In der im Jahr 2008 durchgeführten “Grünlandstudie Bayern“ wurde prognostiziert, dass bis 2020 je nach Szenario etwa 165.000 ha bis 200.000 ha Grünland sowie knapp 71.000 ha Ackerfutterfläche für die Versorgung der Raufutterfresser nicht mehr benötigt werden und für eine alternative Nutzung zur Verfügung stehen. Mittels einer Machbarkeitsstudie wurde daher die Biogaserzeugung als alternative Verwertungsmöglichkeit für den Aufwuchs von Dauergrünland untersucht.
Zielsetzung
Aufgrund des hohen Faseranteils und des für die Vergärung ungünstigen hohen Stickstoffgehalts stellt der Einsatz von hohen Anteilen an Grünlandaufwuchs oder Ackergräsern deutlich höhere Anforderungen an die Anlagentechnik und das Management als eine stärkebetonte Futtermischung. Um die Anforderungen an die Verwertung von Grünland-/Grasbiomasse für die Biogasproduktion zu konkretisieren, wurden verfahrenstechnische Kennzahlen aus der Praxis ermittelt. Aus dem Monitoring von Pilotbetrieben können Empfehlungen für die technische Ausstattung und das Management von Biogasanlagen abgeleitet werden, die überwiegend mit Grünlandaufwuchs beschickt werden.
Methode
In Zusammenarbeit mit Anlagenherstellern und den Ämtern für Ernährung und Landwirtschaft konnten fünf Pilotbetriebe gefunden werden, deren Anteil von Gras-/Grünlandaufwuchs an den pflanzlichen Einsatzstoffen mindestens 60% (Frischmasse) betrug. Damit erfüllten sie das entscheidende Auswahlkriterium für das Anlagenmonitoring. Im Frühjahr 2012 erfolgte die technische Nachrüstung. Die Betriebe wurden mit elektronischen Betriebstagebüchern ausgestattet. Alle automatisch erfassbaren Daten wurden in Datenloggern auf den Anlagen gespeichert. Die Datenübermittlung an die Projektbearbeiter erfolgte täglich. So konnte eine zeitnahe Kontrolle erfolgen und Datenlücken wurden vermieden. Die Bewertung der Einsatzstoffe und der Gärbiologie erfolgte auf Basis monatlicher Probenahmen.
Ergebnisse
Die folgenden Ergebnisse beruhen auf einem Beobachtungszeitraum für die einzelnen Anlagen von im Mittel 908 Tagen.
Einsatzstoffe
Der mittlere organische Trockensubstanz(oTS)-Gehalt der eingetragenen Substratmischung lag bei Einsatz von Gülle zwischen ca. 16 und 20%, für Betrieb 17 ohne Gülleeinsatz bei knapp 29%. Das Auswahlkriterium „Massenanteil von Grünlandaufwuchs an den pflanzlichen Einsatzstoffen >= 60%“ wurde von allen Betrieben erreicht, wenn auch von zwei Betrieben nur knapp (siehe Tabelle 1). In diesen Fällen war Grassilage nicht in ausreichendem Umfang verfügbar. Im Fall von Betrieb 19 trat ein Mangel an Grünlandbiomasse vor allem in den Wintermonaten auf und wurde durch Zukauf von Mais kompensiert. Betrieb 21 konnte aufgrund nicht ausreichender Grünlandflächen innerhalb von 810 Tagen nur für ca. fünf Monate ausschließlich mit Grassilage versorgt werden. Deshalb wurde bereits frühzeitig zugekaufter Mais einsiliert. Die Futterration bestand dort dann ganzjährig aus einer Mischung von Mais, Gras, Gülle und Getreideschrot.
Gärstrecke
Die ermittelten Gesamt-Raumbelastungen waren verglichen mit Anlagen, die überwiegend mit Energiepflanzen vom Ackerland beschickt wurden, im Mittel etwas geringer (1,8 zu 2,2 kg oTS (m3d)-1). Nur Betrieb 18 wies als einzige einstufige Anlage mit 3,1 kg oTS (m3d)-1 eine deutlich höhere Gesamtraumbelastung auf. Die Vorgabe einer Verweilzeit von mindestens 150 Tagen im gasdichten, an die Gasverwertung angeschlossenen System wurde von allen Anlagen erfüllt. Die Verweilzeiten Fermentersystem (ohne Berücksichtigung gasdichter Gärrestlager) lagen zwischen 66 und 214 Tagen.
Arbeitsausnutzung des BHKW
Die ermittelte elektrische Arbeitsausnutzung der BHKW lag im Mittel bei 77% und damit um ca. 17% unter dem Durchschnittswert, den die stärkebetont gefütterten Betriebe aus dem vorherigen Monitoring erreichten. Verglichen mit den Zwischenergebnissen nach zwei Jahren Projektlaufzeit konnte der elektrische Auslastungsgrad nur in Betrieb 18 aufrechterhalten werden. Alle anderen verschlechterten sich im letzten Jahr der Untersuchung leicht.
Für Betrieb 17, der als einziger die Flexibilitätsprämie realisierte und deshalb die installierte Leistung im August 2014 um 200% steigerte, wurde als Grundlage für die Berechnung der (äquivalenten) Arbeitsausnutzung eine tägliche Laufzeit der neuen Maschine von 7 h angesetzt. Dieser Betrieb erreichte, trotz der durch das Repowering hervorgerufenen erschwerten Bedingungen die höchste Arbeitsausnutzung, unterschritt jedoch knapp die 8.000 Jahresvolllaststunden Marke.
Monitoring und Dokumentation von Praxis-Biogasanlagen (LfL-Schriftenreihe)
Kennzahlen der Grünland-PilotanlagenBetriebsnummer/ Parameter | 17 | 18 | 19 | 20 | 21 |
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oTS-Gehalt Input [%] | 29,9 | 19,8 | 16,7 | 17,4 | 20,1 |
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Grünlandanteil pflanzl. Input [%] | 86,6 | 93,0 | 63,1 | 94,8 | 60,8 |
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Grünlandanteil Gesamt-Input [%] | 55,8 | 62,8 | 26,0 | 53,4 | 37,3 |
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Wirtschaftsdüngeranteil [%] | 35,6 | 32,5 | 58,8 | 43,7 | 38,7 |
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Raumbelastung Stufe 1 [kg oTS●(m3*d)-1] | 4,3 | 3,1 | 1,8 | 1,6 | 3,3 |
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Raumbelastung Gesamt [kg oTS●(m3*d)-1] | 2,2 | - | 1,2 | 0,8 | 1,7 |
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Verweilzeit Stufe 1 [d] | 69 | 66 | 90 | 107 | 61 |
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Gesamtverweilzeit Gärstrecke [d] | 137 | 66 | 135 | 214 | 121 |
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Arbeitsausnutzung BHKW [%] | 90,5 | 89,6 | 76,0 | 58,8 | 70,2 |
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Gärbiologie
In den Gärgemischen der untersuchten Anlagen wurden deutlich unterschiedliche Konzentrationsniveaus an Ammoniumstickstoff bestimmt (zwischen 1.800 und 4.700 NH4+-N L-1). Die gebräuchliche Schwelle für eine hohe Wahrscheinlichkeit einer durch Ammoniak ausgelösten Hemmwirkung von ca. 3.000 mg NH4+-N L-1, wurde im Mittel (n=29) von den Betrieben 17 und 20 überschritten. In Betrieb 18 wurde dieser Richtwert in acht Fällen überschritten. Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen hohen Ammonium-N-Konzentrationen und Beeinträchtigungen der Prozessstabilität konnte nicht festgestellt werden. Gemessen an der Arbeitsausnutzung des BHKW erzielte Betrieb 17 trotz der im Vergleich höchsten NH4+-N-Gehalte im Gärgemisch sogar das beste Ergebnis. Im Gegensatz zu den übrigen Betrieben, in denen neben Grassilage noch andere Energiepflanzen zum Einsatz kamen wurde in Betrieb 20 über einen Zeitraum von mehr als 14 Monaten zur Gülle ausschließlich Ladewagen-Grassilage eingesetzt. Die dadurch hervorgerufenen Umstände (NH4+-N-Gehalt, Sediment, Schwimmschichtbildung, Verschleiß) führten zu zwei massiven Prozessstörungen, wodurch die entsprechende Arbeitsausnutzung entsprechend beeinträchtigt wurde.
Die Ergebnisse dieses Projektes sind in einem Abschlussbericht ausführlich dargestellt.
Abschlussbericht Projekt Grünland-Monitoring 4,2 MB
In einem eigenen Teilprojekt wurden alternative Verfahrensketten für die Einwerbung und Konservierung von Grünlandaufwuchs untersucht.
Projektseite alternative Verfahrensketten für die Einwerbung und Konservierung von Grünlandaufwüchsen
Projektinformation
Projektbearbeitung: Rainer Kissel, Robert Kliche, Gabriel Streicher und Amelie Pohl
Projektleitung: Dr. Mathias Effenberger
Projektpartner: ILB, IAB, IPZ
Laufzeit: 2012-2015
Finanzierung: Bayerisches Staatministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Förderkennzeichen: K/11/05