Innovations- und Forschungsprojekt
Intervallbetrieb Biogasanlage Grub

Einrichtung und Erprobung des Intervallbetriebs der Biogasanlage an der Versuchsstation Grub

Der flexiblen Bereitstellung von Energie aus dezentralen Quellen kommt im Rahmen der Umsetzung der Energiewende langfristig eine zunehmende Bedeutung zu. Biogas als speicherbarer regenerativer Energieträger kann die fluktuierende Stromerzeugung aus Windkraft und Photovoltaik teilweise ausgleichen und somit einen erheblichen Beitrag zur Netzstabilität leisten.
Abb. 1:  Luftbild der Biogasanlage GrubZoombild vorhanden

Abb. 1: Luftbild der Biogasanlage Grub

Mit der Einführung der Direktvermarktung und der damit verbundenen Flexibilitätsprämie im Rahmen des EEG wurden hierzu die Weichen in Richtung einer flexiblen Stromproduktion gestellt, indem bereits der Überbau von Biogasanlagen gefördert wird. Nachdem mittlerweile viele Anlagenbetreiber mit der Direktvermarktung ihres Stroms und der Bereitstellung von Regelenergie vertraut sind, sollen die Anlagen in Zukunft auf eine bedarfsgerechte Stromerzeugung umgerüstet werden. Da es hierzu bisher kaum praktische Erfahrungen gibt, sollen im Rahmen dieses Forschungsprojektes sowohl technische als auch biologische Fragen einer flexiblen bedarfsorientierten Fahrweise geklärt werden.

Ziel

Durch den Neubau einer Forschungs-Biogasanlage zur Grundlastversorgung des Versuchsbetriebs Grub für Demonstrations- und Forschungszwecke, welche durch ein zusätzliches Spitzenlast-BHKW sowie weitere Einrichtungen zur Nutzung des Intervallbetriebs erweitert wurde, konnte ein umfassendes Programm zur Erprobung dieses Anlagenbetriebs ermöglicht werden.
Ziel soll die Nachempfindung einer durch dörflichen Charakter geprägten Energiewirtschaft mit einem möglichst hohen Anteil an eigenproduzierter elektrischer sowie thermischer Energie sein. Durch den ausschließlich innerbetrieblich schwankenden Strombedarf der Liegenschaft Grub bietet sich perspektivisch die Möglichkeit, durch Kombination fluktuierender und regelbarer Stromerzeuger ein autarkes Netz zur Stromversorgung auf Basis Erneuerbarer Energieträger aufzubauen. In Kombination mit einem intelligenten Lastmanagement soll Biogas als speicherbarer Energieträger die fluktuierende Erzeugung der Photovoltaikanlage (derzeit 55 kWp installiert) ausgleichen und einen Großteil der zukünftigen Residuallast abdecken.
Die Erkenntnisse aus der Erprobung unter Praxisbedingungen sollen Aussagen zu den Auswirkungen des bedarfsorientierten BHKW-Betriebs auf folgende Verfahrensbereiche liefern:
  • BHKW: Start-/Stopp-Verhalten, Wirkungsgrad, Abgasemissionen, Wartungsbedarf und Verschleiß
  • Gärprozess: Dynamische Prozessfütterung und Gasproduktion durch Variation der Fütterung (z. B. diskontinuierliche Fütterung, Stoßbelastung mit Zuckerrübenmus)
  • Prozesswärmebedarf und –bereitstellung: Prozesstemperatur und Prozessstabilität, Wärmepufferung, Wärme orientierte Prozessführung

Methode

In der ersten Versuchsphase wurde die bestehende Biogasanlage von Grundlast- auf Intervallbetrieb umgerüstet. Durch die Einbindung des Spitzenlast-BHKW´s mit einer installierten elektrischen Leistung von 203 kW war eine mittelspannungsseitige Anbindung ans Stromnetz erforderlich. Die Installation eines angepassten Wärmespeichers steht noch aus. Für die Einlagerung von Zuckerrübenbrei wurden bestehende Güllelager umgerüstet.
Für den Lastverlauf in der Liegenschaft Grub in Abhängigkeit von Tageszeit, Wochentag und Jahreszeit wurde ein Prognosemodell erstellt. Es wurde untersucht, inwieweit sich der Strombezug aus dem öffentlichen Netz zur Abdeckung von Lastspitzen durch intelligentes Management vermeiden lässt. Zu diesem Zweck wurden auch Messungen zum Leistungsbedarf im Bereich der Milchviehhaltung durchgeführt.
Um den gestiegenen Anforderungen des Intervallbetriebs zu entsprechen, wurden die BHKW mit einer Motorvorerwärmung und einer zusätzlichen Gasaufbereitung ausgestattet. Um eine möglichst schonende Betriebsweise zu garantieren, wurde die Last der Motoren nicht häufiger als im Vier-Stunden-Takt variiert. Das Spitzenlast-BHKW wurde zwischen Volllast und minimal 60 % Teillast gefahren, während das Grundlast-BHKW jeweils lediglich zu- oder abgeschaltet wurde (nur Volllast: 75 kW elektrische Leistung). Je nach Strombedarf der Liegenschaft Grub wurden beide Motoren unabhängig voneinander eingesetzt. Im Rahmen des Projekts wurden auch Messungen zu den Wirkungsgraden und den Abgasemissionen der Motoren in unterschiedlichen Betriebszuständen vorgenommen.
Neben der bedarfsgerechten Stromerzeugung wurden auch die Möglichkeiten einer bedarfsgerechten Gasproduktion durch den Einsatz von schnell verfügbaren Substraten (Zuckerrübe) untersucht. Mit Hilfe von prozessbiologischen Analysen wurden die Auswirkungen auf den Gärprozess durch substratbedingte Stoßbelastungen, Abbaugeschwindigkeit sowie die dynamische Prozessfütterung näher betrachtet.

Ergebnis

Seit Ende November 2016 konnte das Spitzenlast-BHKW erfolgreich in den Betriebsablauf integriert werden. Hierbei ließen sich verschiedene Fahrweisen während der Woche realisieren. Die Fahrweise der BHKW-Motoren wurde kalenderwöchentlich an den Verlauf der Gesamtlast in der Liegenschaft Grub angepasst (Abb. 2). Auf diese Weise konnte der Strombezug aus dem öffentlichen Netz deutlich reduziert werden (Abb. 3). Obwohl die Fütterung intensiviert und die Einführung von Gülle aufgrund des Engpasses an Gärrestlagerkapazität zurückgefahren wurde, konnte bisher keine Gefährdung der Fermenterbiologie festgestellt werden. Unter Berücksichtigung prozessbiologischer Grenzen konnten bereits erfolgreich die Spitzen während der Arbeitswoche abgefahren und eine Eigenversorgung mit bis zu 278 kW elektrischer Leistung realisiert werden. Mithilfe des Prognosemodells auf Wochenbasis konnte eine Überproduktion (Stromeinspeisung anstatt Inselbetrieb) weitestgehend vermieden werden.
Abbildung 2: Eingestellte Leistung der BHKW-Motoren BGA Grub

Abb. 2: Eingestellte Leistung

Abbildung 3: Gefahrene Leistung der BHKW-Motoren BGA Grub

Abb. 3: Gefahrene Leistung

Es wurde bei der schrittweisen Optimierung mit berücksichtigt, dass die BHKW-Motoren keine Start-Probleme aufwiesen und regelmäßig kontrolliert wurden. Außerdem wurde die Gasaufbereitung der flexiblen Fahrweise angepasst.
Die von der Biogasanlage Grub erhobenen Daten wurden auch verwendet, um das Potenzial zur Vermeidung von CO2-Emissionen für die Liegenschaft Grub zu ermitteln. Für die Berechnung wurden die Produktions-, Emissions- und Verbrauchsdaten des Jahres 2017 herangezogen. Die Biogasanlage Grub produzierte in diesem Jahr 1.073 MWh Strom und 1.305 MWh Wärme. Das entspricht theoretisch dem Stromverbrauch von 216 Haushalten mit 4 Personen und dem Wärmeverbrauch von 65 Haushalten. Durch den bedarfsorientierten BHKW-Betrieb konnte 2017 knapp ¾ des Stromverbrauchs gedeckt werden, während nur 15 % der produzierten Wärme ins Nahwärmenetz eingespeist wurden. Allerdings sind bisher nur drei Gebäude an das Nahwärmenetz angeschlossen.
Im Jahr 2017 wurden durch die Strom- und Wärmeerzeugung in der Biogasanlage Treibhausgasemissionen in Höhe von insgesamt 641 t CO2-Äq. vermieden. Die Biogas Stromerzeugung wurde für die Berechnung der Einsparung mit einer flexiblen Strombereitstellung aus fossilen Energieträgern verglichen, die Biogas Wärmeerzeugung wurde mit der Heizwärmebereitstellung aus Erdgas bewertet. Werden andere Referenzwerte angesetzt, wie z.B. der deutsche Strommix wird noch eine Einsparung von 451 t CO2-Äq. erreicht. Die Biogasanlage leistete einen erheblichen Beitrag zum Klimaschutz. Da in der Biogasanlage hauptsächlich Gülle aus der benachbarten Rinderhaltung eingesetzt wird, werden nicht nur fossile Energieträger ersetzt, sondern auch in erheblichem Maße Methan-Emissionen aus der offenen Lagerung der Gülle verhindert. Durch Verbesserung des flexiblen Betriebs der Biogasanlage und einen möglichen Ausbau des Nahwärmenetzes könnte in den kommenden Jahren ein vollständig klimaneutraler Betrieb erreicht werden.
Ausführliche Ergebnisse sind dem Projektbericht zu entnehmen.

Projektbericht Intervallbetrieb Biogasanlage Grub 2018 pdf 3,1 MB

Ausblick

Zukünftig soll die Stromproduktion aus Biogas weiter erhöht und variabler gestaltet werden, um eine möglichst zielgenaue Lastabdeckung zu verwirklichen. Zu diesem Zweck sollen insbesondere die Möglichkeiten einer „biologischen Flexibilisierung“ durch die selektive Zugabe von Zuckerrübenmus und die saisonale Variation der Raumbelastung untersucht werden.

Impressionen

Biogasanlage von außen

Gärrestlager

Blick in eine große Tonne

Stabrührwerk

Raum mit Rohren

Exzenterschneckenpumpe

Geräte in einem Raum

Drehkolbenpumpe

Stromkasten

Steuerschaltschrank

Grundlast-BHKW

75 KW Grundlast-BHKW

Spitzenlast-BHKW

203 KW Spitzenlast-BHKW

Stall mit Photovoltaikanlage

Photovoltaikanlage

Fließbild der Biogasanlage Grub

Fließbild der Anlage

Bild in Originalgröße

Projektinformation
Projektbearbeiter: M.Sc. Simon Tappen
Projektleiter: Dr. Fabian Lichti
Laufzeit: 01.09.2014 bis 31.12.2017
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Förderkennzeichen: N/14/13

Mehr zum Thema

Energieeffizienz Gesamtbetrieb – Analyse des Energiebedarfs

Weiterhin steigende Energiepreise und steigender Energiebedarf landwirtschaftlicher Produktionsverfahren in der Innen- und in der Außenwirtschaft stellen für den Gesamtbetrieb einen zunehmend wichtigen Kostenfaktor dar. Für den einzelnen landwirtschaftlichen Betrieb wird es immer wichtiger, die Möglichkeiten von energetischen Einsparpotenzialen zu erkennen und den Energieverbrauch im Hinblick auf das Gesamtbetriebsergebnis zu reduzieren. Mehr

THG-Rechner Biogas

Die Treibhausgasemissionen (THG) landwirtschaftlicher Biogasanlagen variieren stark untereinander und damit auch ihr möglicher Beitrag zum Klimaschutz. Aus Einzelstudien oder Modellrechnungen kann nicht ohne weiteres auf das Ergebnis eines einzelnen Biogasbetriebes geschlossen werden. Mit dem THG-Rechner Biogas wurde ein detailliertes Instrument zur individuellen Berechnung entwickelt, das die verschiedenen einflussreichen Parameter in der Bilanzierung berücksichtigt und somit spezifische Klimabilanzergebnisse für die Biogasanlage liefert. Mehr