Forschungs- und Innovationsprojekt
Flüssigfütterung von tragenden Sauen nur mit Fressplatzteiler
Die Gruppenhaltung der tragenden Sauen ist ein sehr innovativer Sektor. In neuerer Zeit wird auch die Haltung in Buchten mit rationierter Flüssigfuttervorlage am Langtrog ohne Fressplatzteiler, ein bisher nur in der Jungsauenaufzucht und in der Schweinemast, also bei Jungtieren, gebräuchliches Haltungsverfahren, diskutiert. Vorteile dieses Verfahrens könnten geringere Kosten durch den Wegfall von Aufstallungstechnik sein und ein großügigeres Raumangebot für die Sauen, da keine Begrenzungen durch Fressplatzteiler mehr auftreten.
Einleitung und Zielsetzung
Aus Erfahrungen der Praxis und aus Untersuchungen (auch der Autoren ) ist bekannt, dass eine rationierte Fütterung am Langtrog mit offenen Fressständen mit unterschiedlich langen Fressplatzteilern erfolgreich betrieben werden kann. In vorliegender Untersuchung sollte nun die Praktikabilität der rationierten Fütterung am Langtrog ohne Fressplatzteiler mit der bewährten Futtervorlage am Langtrog mit offenen Fressständen verglichen werden. Der Untersuchung wurde im LfL-Versuchsbetrieb in Karolinenfeld durchgeführt.
Versuchsstall, Fütterung und Tiere
Für den Versuch standen als zwei baugleiche 3-Flächen-Buchten (62,5 m²) mit wärmegedämmter Liegehütte (22,0 m²) und einem mit Betonspaltenboden versehenen Aktivitätsbereich als Versuchs- und Kontrollbucht zur Verfügung. Der zum Kontrollgang hin ausgerichtete Futtertrog erstreckte sich über die gesamte Buchtenbreite von 8,60 m. Das Flüssigfutter wurde täglich morgens und abends gegeben. Je Bucht wurde das Futter über zwei Ventile mit verzweigtem Ablaufrohr ausdosiert, wobei zwischen der Ausgabe am ersten und am zweiten Ventil etwa 10 Sekunden Zeitabstand lagen. Die Sauen wurden mit etwa 30 Tagen Trächtigkeit in die Versuchs- und in die Kontrollbucht eingestallt und verblieben dort bis zum Umstallen in den Abferkelbereich.
Kontrollbucht mit Fressplatzteiler
In der Kontrollbucht standen 18 verschließbare Einzelfressstände zur Verfügung. Die Fressplatzbreite betrug damit etwa 48 cm ein für dieses Fütterungssystem übliches Maß. Die Fressplätze wurden während der Fütterungszeiten nie verschlossen. In allen vier Versuchsdurchgängen wurden 18 Sauen in die Kontrollbucht eingestallt.
Versuchsbucht ohne Fressplatzteiler
In der zur Kontrollbucht baugleichen Versuchsbucht wurden die Fressplatzteiler vollständig entfernt (Abb.1-5). Die Belegung wurde aufgrund der Erfahrungen aus einem Vorversuch mit höherer Belegungsdichte auf 15 Sauen festgelegt. In der Versuchsbucht stand den Sauen damit eine Fressplatzbreite von etwa 58 cm zur Verfügung.
Datenerhebung: Lebendmasse, vorzeitig ausgestallte Tiere und Tierverhalten während der Fütterung
Die Beurteilung der Aufstallungsvarianten erfolgte anhand des Tierverhaltens während der Mahlzeiten und anhand der Notwendigkeit, Sauen verletzungs- oder verhaltensbedingt vorzeitig auszustallen. Dazu wurden in einem Protokoll Datum und Ursache festgehalten, wenn Sauen vorzeitig aus der Kontroll- oder aus der Versuchsgruppe genommen werden mussten. Zur Beurteilung des Tierverhaltens während der Mahlzeiten wurden Videoaufnahmen von zwei Morgen- und zwei Abendfütterung an zwei aufeinander folgenden Tagen am Ende der ersten Woche (Tag 5, 6 oder 7) nach dem Einstallen der Sauen in die Buchten ausgewertet. Es wurden drei Verhaltensweisen erfasst: „Sau frisst“ (=Sau steht am Trog, ihr Kopf befindet sich im Trog), „Sau steht am Trog, frisst aber nicht“ und „Sau befindet sich nicht am Trog“. Die drei Verhaltensweisen wurden im Time-Sampling-Verfahren im 15-Sekunden-Abstand während der ersten 15 Minuten nach der Futterausgabe festgehalten. Zusätzlich wurde die Lebendmasse aller Tiere beim Einstallen und beim Ausstallen erfasst sowie die Lebensdaten der Tiere (Genetik, Wurfnummer, Datum letztes Abferkeln / Absetzen und Deckdatum).
Ergebnisse
Tierverhalten während der Fütterung
Während der Ablauf der Fütterung in der Kontrollbucht mit Fressplatzteilern ruhig war, war in der Versuchsbucht ohne Fressplatzteiler trotz der geringeren Tierzahl von nur 15 Sauen deutlich mehr Unruhe und Bewegung während der ersten 15 Minuten nach der Futterausdosierung zu bemerken. In der Bucht mit Fressplatzteilern standen für etwa 1-2 Minuten nach der Futterausdosierung alle Sauen auf ihrem Platz. Fressplatzwechsel, die für ein System ohne abgeschlossenen Fressstand typisch sind, begannen erst nach einigen Minuten. Dabei wechselten die Sauen aus eigenem Antrieb und fast ausschließlich auf leere Plätze, Auseinandersetzungen um den Zugang zum Trog wurden nicht beobachtet. In der Bucht ohne Fressplatzteiler war stets ein gewisses gleichzeitiges „Schieben“ der Tiere von der einen zur anderen Seite zu beobachten. Gleichzeitig standen die Tiere nicht mehr wie im Fressstand gerade, im 90 °Winkel, zum Trog, sondern schräg. Durch diese Schrägstellung wurde die je Sau nötige Fressplatzbreite erhöht und der Platz am Trog geringer. Als Folge von Schrägstellung und Unruhe waren bereits kurze Zeit nach der Futterausgabe nur selten alle Sauen am Trog zu sehen. Ohne Fressplatzteiler scheint der Individualabstand zwischen den Sauen am Trog größer zu sein. Immer wieder besetzten Sauen einen freien Platz am Trog nicht, sondern ließen sich von am Trog stehenden Tieren fernhalten durch Blicke und Körperhaltung, mitunter auch durch abwehrende Kopfbewegungen. Am Trog waren ohne Fressplatzteiler häufiger Drängeleien und Verdrängungen durch Wegschieben zu beobachten.
Die Häufigkeit der Verhaltensweisen „Sau frisst“, “Sau am Trog, frisst nicht“ und „Sau nicht am Trog“ ist für die Kontrollgruppe mit Fressplatzteilern und in für die Versuchsgruppe ohne Fressplatzteiler, in dem Grafiken dargestellt. Dabei sind für Versuchs- und Kontrollgruppe alle vier Durchgänge und alle vier beobachteten Fütterungen je Durchgang zusammengefasst. Dargestellt wird die Häufigkeit der drei gezeigten Verhaltensweisen im Verlauf von 15 Minuten ab Futterausgabe im Minutentakt. Jeder Minutenwert ist der Mittelwert von vier Beobachtungszeitpunkten. In der Kontrollbucht mit Fressplatzteilern standen in den ersten vier Minuten nach der Futterausdosierung mindestens 90% der Sauen am Trog und hielten den Kopf in den Trog gesenkt („fraßen“). Die Häufigkeit dieser Verhaltensweise fiel nach fünf Minuten stetig ab und erreichte am Ende der Beobachtungszeit nach 15 Minuten 65-70 %. Entsprechend selten waren zu Beginn der Fütterung die Verhaltensweisen „Sau am Trog, frisst nicht“ und „Sau nicht am Trog“ zu beobachten. Die beobachteten 0-5 % dürften größtenteils auf Sauen zurückzuführen sein, die ihren Fressplatz freiwillig wechselten. Nach etwa fünf Minuten stieg der Anteil dieser Verhaltensweisen an, auf relativ konstante 20 % für „Sau nicht am Trog“ und 5-10 % für „Sau am Trog, frisst nicht“.
Ohne Fressplatzteiler, in der Versuchsbucht, waren sogar unmittelbar nach Beginn der Fütterung nur 80 % der Sauen am Trog und fraßen. Bereits innerhalb der ersten vier Minuten ging der Anteil dieser Verhaltensweise auf 60% zurück und fiel dann kontinuierlich auf 40-50 % nach 15 Minuten. Von Beginn an konstant lag der Anteil der Beobachtung „Sau am Trog, frisst nicht“ zwischen 10 % und 20 %. Der Anteil der Sauen, die sich nicht am Trog aufhielten, stieg von anfänglich gut 5 % innerhalb der ersten fünf Minuten auf etwa 30 % und bis zum Ende der Beobachtungszeit auf 40 % an.
Der Unterschied zwischen Kontrolle mit Fressplatzteilern und Versuchsbucht ohne Fressplatzteiler war signifikant.
Ohne Fressplatzteiler beanspruchten die Sauen am Trog eine deutlich größere Fressplatzbreite als mit Fressplatzteilern, etwa 60-70 cm statt 48 cm. Diese höheren Fressplatzbreiten ergeben bei einer minimalen Buchtentiefe von 4 m incl. Trog 2,8 m² bzw. 2,4 m² Buchtenfläche je Tier und damit knapp 30 % bzw. knapp 10 % mehr als von der Haltungsverordnung gefordert. Der Rückgang der Beobachtung „Sau frisst“ in der Versuchsgruppe ohne Fressplatzteiler bedeutet gerade für die rangtieferen, ängstlicheren Sauen einen u. U. deutlich schlechteren Zugang zum Futter. Unterstellt, dass die 10 ranghöheren Tiere der Versuchsgruppe im Mittel während der ersten fünf Minuten nach der Futterausgabe ebenfalls zu 90 % fraßen (wie die Kontrollgruppe), zeigten, bei einem Gruppendurchschnitt von 80 %, die fünf rangtieferen Sauen diese Verhaltensweise in nur 60 % der Zeit, d. h. sie fraßen nur während drei von fünf Minuten.
Flüssigfütterung am Langtrog mit und ohne Fressplatzteiler: Fressplatzbelegung (in %) | 1 Tiere am Trog, fressen | 1 Tiere am Trog, fressen | 2 Tiere am Trog, fressen nicht | 2 Tiere am Trog, fressen nicht | 3 Tiere nicht am Trog | 3 Tiere nicht am Trog |
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Fressplatzteiler … | Mit | Ohne | Mit | Ohne | Mit | Ohne |
1-5 Minuten nach Fütterungsbeginn | 90 ± 1,4a | 68 ± 1,3*a | 3 ± 0,7a | 14 ± 0,7*a | 7 ± 1,3a | 18 ± 1,2*a |
6-10 Minuten nach Fütterungsbeginn | 74 ± 1,4b | 52 ± 1,3*b | 7 ± 1,3b | 16 ± 0,7*b | 19 ± 1,3b | 32 ± 1,2*b |
11-15 Minuten nach Fütterungsbeginn | 68 ± 1,1c | 44 ± 1,3*c | 8 ± 0,7b | 16 ± 0,7*b | 24 ± 1,3c | 40 ± 1,2*c |
Werte sind LS Means ± SE
a,b unterschiedl. Hochbuchstaben kennzeichnen signifikante Unterschiede innerhalb der Spalten
* signifikanter Unterschied Kontrolle vs. Versuch
Lebendmasseentwicklung
Für die Lebendmasseentwicklung während der Trächtigkeit ergaben sich im Versuch trotz der Unterschiede im Tierverhalten keine Unterschiede zwischen Versuchs- und Kontrollgruppe. Diese erfreuliche Beobachtung mag mit darauf zurückgehen, dass im Versuchsbetrieb eine relativ hohe Futtermenge gegeben wurde.
Vorzeitig ausgestallte Tiere
Mit Fressplatzteilern wurden durchschnittlich 5,6 % der Tiere oder 1 Tier pro Gruppe vorzeitig ausgestallt, ohne Fressplatzteiler waren es 13,3 % der Sauen oder 2 Sauen je Gruppe. Der Unterschied ist beachtlich, jedoch nicht signifikant, was an der geringen Zahl an Wiederholungen liegen könnte. Auffällig war, dass in der Versuchsbucht vier Sauen wegen Fußproblemen ausgestallt werden mussten. Ein Zusammenhang zur deutlich stärkeren Unruhe und Tierbewegung während der Mahlzeiten scheint plausibel. Tiere, die nicht planmäßig mit der Gruppe die Produktionsphase durchlaufen, sondern vorzeitig ausgestallt werden müssen, bedeuten neben der möglichen negativen Wirkung auf das Produktionsergebnis (Tierverlust, Behandlungskosten, geringere Ferkelzahl) stets auch einen zusätzlichen Arbeitsaufwand.
Fazit
Aufgrund der Ergebnisse dieses Versuchs wird die rationierte Fütterung tragender Sauen am Langtrog ohne Fressplatzteiler nicht empfohlen. Fressplatzteiler führen zu einem ruhigeren Ablauf während der Mahlzeiten. Bei gleicher Troglänge können mit Hilfe von Fressplatzteilern mehr Sauen gleichzeitig am Trog stehen und Futter aufnehmen, die nötige Fressplatzbreite ist deutlich geringer. Gleichzeitig ist nicht auszuschließen, dass ohne Fressplatzteiler mehr Sauen bedingt durch Verletzungen der Extremitäten vorzeitig ausgestallt werden müssen.
Projektinformation
Projektleitung: Dr. C. Jais
Projektbearbeitung: P. Oppermann
Laufzeit: 2004 - 2007
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Am LfL-Versuchsbetrieb wurden tragende Sauen an Breinuckelstationen gefüttert. Die Beobachtungen zum Tierverhalten werden geschildert und Empfehlungen zur Technik und zur Buchtengestaltung und zum Management gegeben.
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