Rindertracking – Entwicklung eines Tiermonitoringsystems für Milchkühe mit Weidegang

Rind mit Prototyp des Monitoringsystems auf der Weide.

Tier mit Prototyp des Monitoring­systems auf der Weide

Die Zahl der auf der Weide gehaltenen Milchkühe in Deutschland nimmt wieder zu. Da das Management der Kühe auf der Weide komplexer ist als bei reiner Stallhaltung, wünschen sich viele Landwirte ein Tier­monitoring­system ähnlich der für den Stall verfügbaren Systeme auch für die Weide. Im Teilprojekt Rindertracking des Forschungs­verbundes FutureIOT soll daher ein Monitoringsystem für Milchkühe entwickelt werden, das bei Tieren mit Weidegang die Erfassung des Verhaltens ermöglicht, um daraus Rückschlüsse auf die Brunst bzw. eine sich anbahnende Störung der Tier­gesundheit zu ziehen.

Zielsetzung

Störungen der Tiergesundheit führen bei Milchkühen zu Veränderungen im Verhalten. Diese Verhaltens­änderungen treten meist schon einige Tage vor dem Sichtbarwerden klinischer Symptome auf. Auch die Brunst resultiert in einer Verhaltens­änderung. Durch eine automatische Erfassung des Tierverhaltens mit Hilfe eines Monitoringsystems können die Brunst und Störungen der Tiergesundheit zuverlässig bzw. frühzeitig erkannt werden. Ziel des Projekts Rindertracking ist es, in Zusammenarbeit mit der Firma Blaupunkt Telematics GmbH ein Monitoringsystem für die Brunsterkennung und die Gesundheits­überwachung bei Milchkühen zu entwickeln. Im Gegensatz zu den bereits auf dem Markt erhältlichen Systemen soll das Monitoringsystem auch bei Tieren mit Weidegang einsetzbar sein.

Methoden

Zu Projektbeginn wurden zunächst umfangreiche Tier­direktbeobachtungen sowohl im Stall als auch auf der Weide durchgeführt. Diese Verhaltensdaten wurden im Anschluss den Sensordaten des Monitoringsystems (Beschleunigungssensor, Magnetometer, GPS-Empfänger) zugeordnet. Hierbei wurde zunächst das Normalverhalten der Tiere erfasst, um einen "Golden Standard" für die Entwicklung von Klassifizierungs­algorithmen zur automatischen Erkennung der verschiedenen Verhaltensweisen (Grasen/Fressen, Gehen, Stehen, Liegen) durch das Monitoringsystem zu generieren.
Parallel zu den Verhaltens­­beobachtungen wurden verschiedene Faktoren erfasst, die das Verhalten der Tiere – insbesondere auf der Weide – beeinflussen könnten. So wurden zum Beispiel mit einer Wetterstation Daten zu Lufttemperatur, Luftfeuchte, Globalstrahlung, Niederschlag und Wind­geschwindigkeit gesammelt und über Weidekörbe der Grasaufwuchs auf der Weide bestimmt. Die Einflussfaktoren wurden auf ihre Relevanz geprüft und gegebenen­falls bei der Entwicklung der Klassifizierungs­algorithmen berücksichtigt.
Im weiteren Verlauf des Projekts wurde nun gezielt das Verhalten brünstiger sowie hitzegestresster Tiere erfasst. Die dadurch bedingten Verhaltens­änderungen sollen mit Hilfe dafür passender Klassifizierungs­algorithmen durch das Monitoringsystem zuverlässig erkannt werden.

Ergebnisse

Von der Wetterstation erfasste durchschnittliche Lufttemperatur und der aus Luftfeuchte nach Thom (1959) berechnete Temperature-Humidity-Index (THI) an den vier Beobachtungstagen (d):
Bei einem THI < 68 spricht man von keinem (grün), bei einem THI > 68 von mildem (gelb) und bei einem THI von > 71 von mäßigem Hitzestress (orange).

Tabelle mit Luftdruck und THI-Messwerten.

Eine Auswertung der bisher gewonnen Daten zum Tierverhalten zeigt, dass sich die Dauer der Haupt­verhaltensweisen an den verschiedenen Beobachtungs­tagen unterscheidet:

Säulendiagramm mit Ergebnissen des Tierverhaltens aus der Tierbeobachtung.

In der Grafik wird deutlich, dass die Dauer der Verhaltensweise Liegen an Tag 4 mit 0,58 h deutlich geringer ist als an den Tagen 1 bis 3 mit durchschnittlich 1,14 h. An den Tagen 1 und 2 haben die Tiere mit durchschnittlich 1,24 h mehr wiedergekaut als an den Tagen 3 und 4 mit durchschnittlich 0,94 h. Während an Tag 4 nur 67 % der Verhaltensweise Wiederkauen im Liegen gezeigt wurde, waren es an den übrigen Tagen 95–98 %.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich je nach THI die Dauer einzelner Verhaltensweisen ändert. Dieser Einflussfaktor sollte daher bei der Entwicklung der Klassifizierungs­modelle berücksichtigt werden.

Anwendungsszenario Landwirtschaft Digital: Rindertracking Externer Link

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GPS-Sender statt Kuhglocken? | Beitrag des BR aus der Sendung "Unser Land"

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Volltextalternative
Das Video präsentiert die im Projekt Rindertracking festgelegten Ziele. Das Hauptziel ist dabei die Entwicklung eines Monitoringsystems für Milchkühe, das sowohl auf der Weide als auch im Stall funktioniert. Für die Entwicklung wurden Verhaltens­beobachtungen durchgeführt, die als Grundlage für die Entwicklung von Klassifizierungs­modellen für die automatisierte Verhaltenserkennung dienen. Neben der Brunst und beginnenden Störungen der Tiergesundheit soll das System auch Verhaltens­änderungen erkennen, die durch eine Hitzebelastung hervorgerufen werden. Dazu gehören eine erhöhte Wasser­aufnahme sowie vermehrtes Stehen.
Im Rahmen des Projekts wurden verlässliche Modelle für die automatisierte Erkennung des Liege-, Grase- und Wiederkau­verhaltens bei Milchkühen im Stall und auf der Weide entwickelt. Die weiterhin untersuchten physiologischen Reaktionen von Fleckviehkühen auf der Weide auf zunehmende Temperaturen und die damit verbundene Verhaltensänderungen lieferten Informationen, die für die automatisierte Erkennung einer Hitzebelastung mit einem Monitoringsystem genutzt werden können.

Detaillierte Ergebnisse aus dem Projekt finden Sie in der Dissertation von Dr. Lara Schmeling. Externer Link

Projektinformation
Projekttitel: "Rindertracking – Entwicklung eines Tiermonitoringsystems für Milchkühe mit Weidegang"
Projektleitung: Stefan Thurner
Projektbearbeitung: Lara Schmeling
Kooperationspartner im Teilprojekt Rindertracking: Blaupunkt Telematics GmbH, Ludwig-Maximilians-Universität München, Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Evonik Nutrition & Care GmbH, safectory GmbH
Kooperationspartner im Forschungsverbund FutureIOT: Informationen zum Forschungsverbund FutureIOT sind unter www.futureiot.de verfügbar
Laufzeit: 2018–2021
Finanzierung: Bayerische Forschungsstiftung (BFS)
Aktenzeichen: 1301-17