Forschungs- und Innovationsprojekt
Gesundheitsfördernder Tourismus Alpenraum

Binden eines Kräuterstraußes

Foto: www.bayern.by - Tobias Gerber

Der Gesundheitstrend spiegelt sich auch in der touristischen Nachfrage wider. Das Projekt entwickelt eine Strategie für die Bewohner, Landwirte und Kommunen des Alpenraums hinsichtlich der touristischen Aufwertung ihrer Region mit gesundheitsfördernden Angeboten und dient der langfristigen Sicherung agrartouristischer Gesundheitsangebote im Alpenraum sowie der Steigerung von Wertschöpfung und Beschäftigung in der Region.

Projektbeschreibung

Im Rahmen des Programms EUSALP (European Strategy for Alpine Regions) und dessen Arbeitsgruppe Health Tourism wurden von der Paracelsus Medizinische Privatuniversität (PMU) Forschungen bezüglich der medizinisch-evidenzbasierten gesundheitsförderlichen Tourismusangebote, im Sinne der Heilkraft der Alpen - speziell im Salzburger Land, angestellt. Natur und Gesundheit sind die wichtigsten Werte für die Bevölkerung in Deutschland und in vielen europäischen Staaten und daher geeigneter Anknüpfungspunkt für regionale Wertschöpfung durch gesundheitsfördernde touristische Angebote.
Ferienhöfe bieten eine optimale Möglichkeit, diese Werte zu verknüpfen. Auf bayerischer Seite wurde vor drei Jahren durch ein Projekt in den Zuständigkeitsgebieten der ÄELFs in Rosenheim und Kempten die bestehende Situation auf Ferienbetrieben mit Gesundheitsangeboten im Alpenraum erfasst und entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen abgeleitet sowie durchgeführt.
Unter Berücksichtigung weiterer Studien im Bereich Gesundheit und Tourismus und aufbauend auf die bereits vorhandenen Daten erfolgte im Projekt „Gesundheitsfördernder Tourismus Alpenraum“ eine nähere Betrachtung der Zielgruppen in diesem Bereich. Auf Basis der Einteilung der Zielgruppen in sog. Sinus-Milieus® wurden die Kundenbedürfnisse und deren Ansprüche analysiert. Anhand dieser Ergebnisse wurden anschließend passende Marketingaktivitäten für die unterschiedlichen Zielgruppen herausgearbeitet.
Das Forschungsinteresse lag zusammenfassend auf den Chancen und Potenzialen der gesundheitsfördernden touristischen Angebote, die sich in den ländlichen Tourismus, konkreter auf den Ferienhöfen, integrieren lassen.

Ziel

  • Umfassende Zielgruppen-Analyse (Sinus-Milieus®, Bedürfnisse, Ansprüche)
  • Ableitung zielgruppengerechter Marketingaktivitäten für den Bereich gesundheitsorientierter Angebote
  • Ausarbeitung von Handlungsempfehlungen für Betriebe in der Praxis
  • Langfristige Sicherung agrotouristischer Gesundheitsangebote im Alpenraum und damit Steigerung der Wertschöpfung in der Region
  • Hilfestellung bei der Beratung der Betriebe

Methode

Die methodische Herangehensweise des Projekts bezog sich zunächst auf eine Bestandsaufnahme durch Literaturrecherche und -analyse sowie die Zielgruppenanalyse nach Sinus-Milieus®. Hierbei wurden Kundenanalysen in Form sogenannter Sinus-Gruppen hinsichtlich der Anwendbarkeit für die Angebotsstruktur gesundheitsfördernder Dienstleistungen im Agrotourismus durchgeführt. Betrachtungsraum war dabei - nach Definition der EUSALP-Strategie - ganz Bayern.
Um einen Einblick in die Bedürfnisse der Gäste zu bekommen, wurden zunächst ausgewählte Betriebe mit Gesundheitsangeboten und deren Gäste befragt. Danach wurden Rückschlüsse auf die Bedürfnisse und Nachfrage der Kunden geschlossen und in Zielgruppen nach Sinus-Milieus® eingeteilt. Daraus konnten Charakteristika und Wertevorstellungen dieser Gruppen abgeleitet werden, die nun als Grundlage für zielgerichtete Produktentwicklung und zielgruppenspezifische Marketingaktivitäten dienen.

Ergebnis

Aus den Ergebnissen der Kurzbefragung, welche durch die SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH im Januar 2021 durchgeführt wurde, sind Chancen und Entwicklungspotenziale für Ferienhöfe mit gesundheitsfördernden Angeboten festzustellen.
Die überwiegende Mehrheit der Befragten (65%) bewerten den Begriff „Gesundheit“ positiv, 34% sowohl positiv als auch negativ und lediglich 1% verbindet damit etwas Negatives. Dies stützt in jedem Fall den Gesundheitstrend und die vielen Möglichkeiten diesen Wachstumsmarkt im Tourismus weiter zu verfolgen. Die Mehrheit der Befragten möchte aktiv den eigenen Gesundheitsstatus erhalten und verbessern. Durch die Pandemie gewinnt dieser Aspekt enorm an Relevanz und lässt die Probanden offener gegenüber Urlaubsformen mit entsprechendem Angebot werden. Abgesehen von der aktuellen Brisanz des Themas Gesundheit, erscheint auch eine generelle Bewusstmachung für das Thema als stark wachsend. Natur und Gesundheit werden mehr wertgeschätzt und die Mehrheit der deutschen Bevölkerung möchte längerfristig etwas für sich tun.
Die Kurzbefragung hatte die Intention, Zielgruppen für einen Gesundheitsurlaub auf dem Bauernhof herauszufinden. Die unten stehende Abbildung zeigt die zehn Sinus-Milieus und welche davon als Zielgruppe für einen gesundheitsfördernden Urlaub auf dem Bauernhof in Frage kommen: die gesellschaftlichen Leitmilieus, wie die Konservativ-Etablierten, Liberal-Intellektuellen, Performer, Expeditive; sowie zwei der Mainstream-Milieus, wie die Sozialökologischen und die Adaptiv-Pragmatischen; und die Hedonisten als einziger Vertreter der unteren Mittelschicht.

Grafische Darstellung der Sinus-Milieus-Befragung

Quelle/Bildnachweis: SINUS Markt- und Sozialforschung GmbH (2021): Sinus-Milieu-Kurzbefragungen Januar 2021. Auswertung für die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, S. 11.
Da es Überschneidungen bei den sieben potenziellen Zielgruppen für gesundheitsfördernden Urlaub auf dem Bauernhof gibt, sind daraus in diesem Projekt vier Personas, idealtypische Vertreter diese Zielgruppen, entwickelt worden:
  • Persona 1: Die intellektuellen Wohlfühlurlaubende
  • Persona 2: Die individuellen Trendsetter
  • Persona 3: Der/Die gesundheitsorientierte Weltverbessernde
  • Persona 4: Der/Die spontane Erlebnissuchende
Die sog. Persona-Profile wurden entlang der Customer Journey (Kundenreise) entwickelt und veranschaulichen die Werte und Bedürfnisse der jeweiligen Persona. Dies bietet den Höfen die Möglichkeit, ihr Marketing und ihre Produktentwicklung gezielt auf die für sie relevanten Zielgruppen auszurichten. Die Personas sollten für den jeweiligen Betrieb als lebendes Dokument verstanden werden und nicht als statische Gegebenheit: So sollen die Personas auf Basis von Beobachtung der Reisenden und Austausch mit diesen stets ergänzt und aktualisiert werden.

Handlungsempfehlungen und Fazit

Als Ergebnis des Projektes können folgende Handlungsempfehlungen gegeben werden. Die Betriebe sollten sich im ersten Schritt ihrer Kernkompetenzen bewusst werden. Mit Unterstützung der landwirtschaftlichen Beratung können sie ihre Zielgruppen bzw. Personas genau definieren. Im zweiten Schritt sollen die Produktentwicklung und Marketingaktivitäten danach ausgerichtet sowie Trends und Innovationen berücksichtigt werden.
Eine Möglichkeit der Zielgruppenansprache wäre eine Kampagne, in der Best-Practice-Höfe als Botschafter*innen fungieren könnten. Als wichtige Eckpfeiler in der Vermarktung dienen Netzwerke und Kooperationen, u.a. mit den jeweiligen Destinationsmanagementorganisationen oder Tourismusverbänden.
Die Ergebnisse haben gezeigt, dass gesundheitsfördernder Urlaub auf dem Bauernhof auf große Resonanz stößt, denn dort können Sicherheit, Abstand, natürliche Ressourcen und Entspannung sowie authentische Urlaubserlebnisse geboten werden. Offenheit gegenüber neuen Zielgruppen bietet Entwicklungspotenziale und langfristige Einkommensmöglichkeiten für die bayerischen Ferienhöfe.
Frau hat Kräuter in den Händen und riecht daran

Foto: Jens Schwarz - bayern.by

Füße einer Person, die auf einer Liege liegt

Foto: Tobias Gerber

Frau mit Wanderstöcken

Foto: Peter von Felbert - bayern.by

Zwei Frauen auf einer Wiese bei Atemübungen

Foto: Tobias Gerber - gesundes-bayern.de

Mountainbikerin auf einem Schotterweg im Voralpenland

Foto: Gert Krautbauer - gesundes-bayern.de

Projektinformation
Projektleitung: Julia Saller
Projektmitarbeit: Sandra Ebenberger
Laufzeit: August 2020 bis Ende Juli 2021
Finanzierung: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (A3/M6)

Bildnachweis
Kopfbild, Foto: www.bayern.by - Bernhard Huber