Forschungs- und Innovationsprojekt
Alternative NH3-Minderungsoptionen bei Gülleausbringung (AlterMin)
Gülleausbringung
Die streifenförmige bodennahe Ausbringtechnik bietet eine technische und in der Düngeverordnung (DüV) verankerte Lösung, unerwünschte Ammoniak-Emissionen bei der Ausbringung von flüssigen Wirtschaftsdüngern zu mindern. Die DüV erlaubt aber auch Alternativen, sofern diese zu einer vergleichbaren Ammoniakreduktion führen. Ziel des Projektes "AlterMin" ist es, bestimmter "alternative Verfahren“ wissenschaftlich zu prüfen.
Hintergrund
Demnach besteht gerade bei der Ausbringung von Rindergülle ein besonderes Potenzial, Ammoniakemissionen zu reduzieren. Die streifenförmige bodennahe Ausbringtechnik bietet dabei eine technische Lösung, Emissionen zu mindern. Daher schreibt die aktuelle Düngeverordnung (DüV) in § 6 Absatz 3 vor: Flüssige organische und flüssiger organisch-mineralische Düngemittel, einschließlich flüssiger Wirtschaftsdünger, mit wesentlichen Gehalten an verfügbarem Stickstoff oder Ammoniumstickstoff dürfen im Falle von bestelltem Ackerland ab den 1. Februar 2020 nur noch streifenförmig auf den Boden aufgebracht oder direkt in den Boden eingebracht werden. Im Falle von Grünland, Dauergrünland oder mehrschnittigen Futterbau gelten diese Vorgaben ab dem 1. Februar 2025.
Gleichzeitig kann nach DüV § 6 Absatz 3 davon abweichend genehmigt werden, dass die oben genannten Stoffe mittels anderer Verfahren ausgebracht werden dürfen, soweit ein "alternatives Verfahren“ zu vergleichbar geringen Emissionen wie die bodennah-streifenförmige Ausbringtechnik führt.
Ziel des Projektes "AlterMin“ war es daher, mögliche bzw. von der landwirtschaftlichen Praxis vorgeschlagene "alternative Verfahren“ in Hinblick auf vergleichbaren Emissionsreduktion wissenschaftlich zu prüfen. Daher wurden von der LfL in enger Zusammenarbeit mit anderen Forschungs- und Versuchseinrichtungen (siehe Projektinformation) folgende fünf Versuche durchgeführt:
- I. Gülleausbringung bei niedrigen Temperaturen,
- II. Untersuchung von Ammoniakemissionen während der Lagerung
- III. Verdünnung von Gülle mit Wasser,
- IV. Gülleausbringung bei Regen,
- V. Zugabe von Güllezusätzen (Gülleadditiven).
Beim Versuch I wurde Praxistechnik auf Großparzellen eingesetzt. Die Ammoniakkonzentrationen wurden in verschiedenen Höhen gemessen. Anhand von exakten Witterungsdaten ließen sich die Ammoniakemissionen pro Hektar errechnen. Die Versuche III bis V fanden dagegen mit Versuchstechnik auf Kleinparzellen statt, zudem wurden hier ausschließlich die Ammoniakkonzentrationen über den Parzellen gemessen.
I. Gülleausbringung bei niedrigen Temperaturen
Abbildung 1: Verwendete Ausbringtechnik am fränkischen Standort
An beiden Standorten wurde praxisübliche Ausbringtechnik (Schwenkverteiler und Schleppschuh) mit Arbeitsbreiten von 13.5 m eingesetzt (Abbildung 1).
Die Varianten für alle Kampagnen beinhalteten:
- Rindergülle unbehandelt, breitverteilt (Schwenkverteiler) ausgebracht,
- Rindergülle unbehandelt, mit Schleppschuh ausgebracht,
- Rindergülle 1:1 verdünnt mit Wasser, breitverteilt (Schwenkverteiler) ausgebracht.
Die Ammoniakmesstechnik wurde an die sich durch die Praxistechnik ergebenden Großparzellen (27x27 m) angepasst. Verwendet wurde die "Integrated horizontal flux“ (IHF)-Methode. Bei dieser Methode wird innerhalb jeder Variante (hier gleich Parzelle) die Ammoniakkonzentration in unterschiedlichen Messhöhen erfasst und daraus ein vertikales Konzentrationsprofil ausgehend von der Ammoniakquelle, hier also dem begüllten Grünland, berechnet. Die Konzentrationsprofile werden anschließend mit der Windgeschwindigkeit multipliziert. Diese wurde mit einer im Feldversuch aufgebauten Wetterstation (Abbildung 2) gemessen; ebenfalls wurden die Temperatur Boden/Luft, die Strahlung, der Niederschlag und die Windrichtung gemessen.
Festzuhalten bleibt aber auch: Eine Gülleausbringung bei niedrigen Temperaturen mit dem Breitverteiler ist nicht zuverlässig mit geringen Ammoniakemissionen verbunden. So schwankten die Emissionen beim Möscha mit unverdünnter Gülle in den Versuchen von 3 bis 22 % des mit der Gülle ausgebrachten Ammoniums. Bemerkenswert war, dass beim ersten Versuch in Triesdorf vergleichsweise hohe Emissionen trotz der niedrigsten Temperaturen gemessen wurden.
II. Untersuchung von Ammoniakemissionen während der Lagerung
Abbildung 3: Emissionsmessanlage der LfL
Eine unbehandelte Gülle mit einem TS-Gehalt von 7,4% und Stickstoffgehalten von 3 kg/m³ Gesamt-N bzw. 1,2 kg/m³ Ammonium-N diente als Kontrollvariante.
Ebenso war eine Variante mit Gülle-Ansäuerung durch Milchsäure (pH-Wert: 6,4) vertreten. Die pH-Wert-Einstellung der Variante Milchsäure erfolgte einmal wöchentlich nach Bedarf.
Alle Varianten wurden in vierfacher Wiederholung über die Dauer von vier Wochen getestet. Hierbei wurden die Ammoniakkonzentration (Messprinzip: TDLS) sowie die Treibhausgaskonzentrationen von Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4) erfasst.
Daneben zeigte sich auch bei der Variante Verdünnung 1:0,5 eine signifikante Ammoniakminderung, während die Ammoniakfreisetzung bei höheren Zugaben von Wasser (Verdünnung 1:1 und 1:2) keinen Unterschied zur Kontrolle aufwies. Die Unterschiede zwischen den Verdünnungsstufen wurden auf die Ausprägung der Schwimmschicht zurückgeführt, welche mit zunehmender Wassermenge abnahm.
Auch bei der separierten flüssigen Phase mit einem TS-Gehalt von 4,8 % bzw. Gehalten an N-Gesamt- und Ammonium-N von 2,9 bzw. 1,2 kg/m³ konnte kein signifikanter Unterschied zur Kontrollvariante beobachtet werden. Eine zusätzliche Verdünnung der flüssigen Phase auf einen TS-Gehalt von 3 % führte hingegen zu einer erhöhten Freisetzung von Ammoniak.
Aus den Untersuchungen konnte gefolgert werden:
- • Milchsäure führt durch kontinuierliche Absenkung des pH-Werts auf 6,4 zu einer Minderung der Ammoniakfreisetzung im Lager.
- • Eine geringe Wasserzugabe im Güllelager kann die Ammoniakfreisetzung während der Lagerung reduzieren.
III. Verdünnung von Rindergülle mit Wasser
Im Projekt wurde untersucht, in welcher Größenordnung eine Verdünnung von Rindergülle mit Wasser erfolgen sollte damit die Ammoniakemissionen nach der Ausbringung mit dem Breitverteiler auf Grünland in gleicher Höhe liegen wie bei der bodennah-streifenförmigen Ausbringung mit dem Schleppschuh. Ebenfalls wurde untersucht, inwieweit die Ausbringung der flüssigen Phase einer zuvor separierten Rindergülle mit dem Breitverteiler eine relevante Emissionsminderung bewirkt.
In der Mitte jeder Parzelle wurde eine Säurefalle (PVC Flasche enthält 20ml 0,05M Schwefelsäure als Reaktionsmittel für Ammoniak (=Base)) aufgestellt, die 15 cm über der Bestandsoberfläche die Ammoniakkonzentrationen erfasste. Dies ermöglichte eine relative Unterscheidung der Varianten anhand der kumulativen Konzentrationen je Messperiode. Zur Aufzeichnung wichtiger Witterungsparameter während der Kampagnen wurde innerhalb eines jeden Versuches eine Wetterstation (Abb. 5, rechts) aufgestellt.
Folgende Varianten wurden untersucht
- Kontrolle ohne Düngung,
- 1:0.5 (Gülle zu Wasserzusatz) verdünnte Rindergülle, breitverteilt mit Versuchsgüllefass,
- 1:2 (Gülle zu Wasserzusatz) verdünnte Rindergülle breitverteilt,
- Rindergülle unbehandelt breitverteilt,
- flüssige Phase einer zuvor separierten Rindergülle breitverteilt,
- Rindergülle unbehandelt, Schleppschuh des Versuchsgüllefasses.
Auch in diesem Versuch bestätigte sich, dass mit der Schleppschuhtechnik gegenüber der Breitverteilung eine signifikante Minderung der Ammoniakemissionen erreicht wird.
Die Zugabe von mehr Wasser zur Gülle auf ein Mischungsverhältnis von 1:2 bzw. 3,6 % TS und 0,5 kg NH4-N/m3) führte zu der höchsten Ammoniakemissionsreduktion.
IV. Regenversuch
- Kontrolle ohne Düngung
- Geplante Applikation von unbehandelter Gülle des Spitalhofs, breitverteilt; Ausbringung erfolgte
- am Anfang,
- gegen Mitte und
- am Ende des Regenereignisses (kein Regenfall mehr)
V. Gülleadditive
Daher bestand die Frage, ob der Einsatz von vielversprechenden (Literaturergebnisse, Vorversuche) bzw. in der Praxis nachgefragten Gülleadditiven ein wissenschaftlich begründetes "alternatives Verfahren“ mit relevantem Ammoniakreduktionspotenzial bei der Ausbringung von Rindergülle sein könnte. Hinweis: Die pH-Absenkung durch mineralische, biologische Säuren bzw. Zuckerzusätze wurde hier nicht geprüft, da die pH-Absenkung auf kleiner/gleich 6,4 bereits jetzt ein gegebenes alternatives Verfahren ist.
- Rindergülle unbehandelt (Spitalhof)
- Rindergülle mit Leonardit (humifiziertes Naturprodukt, 10kg/m³ Gülle)
- Rindergülle mit "Activ NS" (unterschiedliche Tonminerale 20g/m3 Gülle)
- Rindergülle mit BioAktiv® (naturreines Calziumcarbonat mit Sauerstoffaktivierung (15g/m3 Gülle))
- Kontrolle ohne Düngung (Erfassung der Standort-NH3-Hintergrundkonzentration)
Die Gülleausbringung erfolgte mit Versuchstechnik auf Kleinparzellen.
Projektinformation
Projektleitung: Dr. Annette Freibauer, Robert Knöferl
Projektbearbeitung:
LfL: Dr. Paul Heinemann, Sandra Riesch, Robert Knöferl & Team IAB,
Susanne Höcherl & Team ILT; Karlsruher Institut für Technologie (KIT): Dr. Benjamin Wolf, Dr. Rainer Gasche, Dr. Ralf Kiese & Team KIT
Technische Durchführung und Unterstützung:
LfL: Dr. Paul Heinemann, Sandra Riesch; Helmut Rampeltshammer, Michael Mutzob
Landwirtschaftliche Lehranstalten Triesdorf: Dr. Michael Tröster, Markus König, Friedrich Steinacker &Team;
Milchwirtschaftlicher Verein/Spitalhof: Elmar Karg, Christian Knoll;
MUVA Kempten: Dr. Monika Knödlseder, Dr. Maximilian Moravek & Team MUVA;
Bayerische Staatsgüter (BaySG): Matthias Göppel, Niklas Rehklau, Bernd Kutter, Helmut Zeller
Projektlaufzeit: 01.11.2023 – 31.01.2025
Finanzierung durch: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus
Förderkennzeichen: A/23/14