Forschungs- und Innovationsprojekt
Alternative NH3-Minderungsoptionen bei Gülleausbringung (AlterMin)

Gülleausbringung

Gülleausbringung

Die streifenförmige bodennahe Ausbringtechnik bietet eine technische und in der Düngeverordnung (DüV) verankerte Lösung, unerwünschte Ammoniak-Emissionen bei der Ausbringung von flüssigen Wirtschaftsdüngern zu mindern. Die DüV erlaubt aber auch Alternativen, sofern diese zu einer vergleichbaren Ammoniakreduktion führen. Ziel des Projektes "AlterMin" ist es, bestimmter "alternative Verfahren“ wissenschaftlich zu prüfen.

Hintergrund

Ammoniak (NH3) verbreitet sich hauptsächlich über die Luft in die Umwelt und kann daher auch entfernt von der Emissionsquelle die menschliche Gesundheit gefährden sowie Ökosysteme schädigen. Deutschland hat sich verpflichtet, die Ammoniakemissionen 2030 um 29 % im Vergleich zu 2005 zu reduzieren. Der Hauptemittent ist die Landwirtschaft, wobei ein wesentlicher Beitrag aus der Nutztierhaltung stammt. Mit knapp 45 % der Emissionen ist die Rinderhaltung stärkster Verursacher unter den Nutztieren, wobei innerhalb der landwirtschaftlichen Produktionskette die Bereiche Ausbringung, Stall und Lagerung die größten Ammoniakemissionen verursachen.
Demnach besteht gerade bei der Ausbringung von Rindergülle ein besonderes Potenzial, Ammoniakemissionen zu reduzieren. Die streifenförmige bodennahe Ausbringtechnik bietet dabei eine technische Lösung, Emissionen zu mindern. Daher schreibt die aktuelle Düngeverordnung (DüV) in § 6 Absatz 3 vor: Flüssige organische und flüssiger organisch-mineralische Düngemittel, einschließlich flüssiger Wirtschaftsdünger, mit wesentlichen Gehalten an verfügbarem Stickstoff oder Ammoniumstickstoff dürfen im Falle von bestelltem Ackerland ab den 1. Februar 2020 nur noch streifenförmig auf den Boden aufgebracht oder direkt in den Boden eingebracht werden. Im Falle von Grünland, Dauergrünland oder mehrschnittigen Futterbau gelten diese Vorgaben ab dem 1. Februar 2025.
Gleichzeitig kann nach DüV § 6 Absatz 3 davon abweichend genehmigt werden, dass die oben genannten Stoffe mittels anderer Verfahren ausgebracht werden dürfen, soweit ein "alternatives Verfahren“ zu vergleichbar geringen Emissionen wie die bodennah-streifenförmige Ausbringtechnik führt.
Ziel des Projektes "AlterMin“ war es daher, mögliche bzw. von der landwirtschaftlichen Praxis vorgeschlagene "alternative Verfahren“ in Hinblick auf vergleichbaren Emissionsreduktion wissenschaftlich zu prüfen. Daher wurden von der LfL in enger Zusammenarbeit mit anderen Forschungs- und Versuchseinrichtungen (siehe Projektinformation) folgende fünf Versuche durchgeführt:
  • I. Gülleausbringung bei niedrigen Temperaturen,
  • II. Untersuchung von Ammoniakemissionen während der Lagerung
  • III. Verdünnung von Gülle mit Wasser,
  • IV. Gülleausbringung bei Regen,
  • V. Zugabe von Güllezusätzen (Gülleadditiven).
Die Versuchsreihen I und III enthielten zusätzlich noch einen Technikvergleich. Hier wurde die Rindergülle sowohl breitverteilt als auch mit dem Schleppschuh ausgebracht.
Beim Versuch I wurde Praxistechnik auf Großparzellen eingesetzt. Die Ammoniakkonzentrationen wurden in verschiedenen Höhen gemessen. Anhand von exakten Witterungsdaten ließen sich die Ammoniakemissionen pro Hektar errechnen. Die Versuche III bis V fanden dagegen mit Versuchstechnik auf Kleinparzellen statt, zudem wurden hier ausschließlich die Ammoniakkonzentrationen über den Parzellen gemessen.

I. Gülleausbringung bei niedrigen Temperaturen

Im Zentrum der Untersuchungen stand hier die mengenmäßige Erfassung von Ammoniakemissionen in die Luft im Falle einer Gülleausbringung bei niedrigen Lufttemperaturen um bzw. unter 5 °Celsius. Als Techniken kamen bei Breitverteilung der Schwenkverteiler (Mösch-Verteiler) und bei bodennah-streifenförmige Technik der Schleppschuh zum Einsatz.
GülleausbringungZoombild vorhanden

Abbildung 1: Verwendete Ausbringtechnik am fränkischen Standort

Methodik
Diese Versuchsreihe mit vier Kampagnen wurde im Winterhalbjahr 2023/2024 sowohl am Spitalhof/Kempten als Beispiel eines südlichen bayerischen Standortes als auch in Leutershausen in der Nähe von Triesdorf als Beispiel eines nordbayerischen Standorts auf Großparzellen mit Grünland durchgeführt. Die eingesetzten Milchviehgüllen stammten aus Betrieben am Standort und waren für bayerische Gülle repräsentativ.
An beiden Standorten wurde praxisübliche Ausbringtechnik (Schwenkverteiler und Schleppschuh) mit Arbeitsbreiten von 13.5 m eingesetzt (Abbildung 1).

Die Varianten für alle Kampagnen beinhalteten:

  • Rindergülle unbehandelt, breitverteilt (Schwenkverteiler) ausgebracht,
  • Rindergülle unbehandelt, mit Schleppschuh ausgebracht,
  • Rindergülle 1:1 verdünnt mit Wasser, breitverteilt (Schwenkverteiler) ausgebracht.
Die Güllemenge belief sich auf 20 m³ sowie 40 m³ bei der verdünnten Variante, um die ausgebrachte (applizierte) Ammoniummenge je Variante auf gleichem Niveau zu halten.
Die Ammoniakmesstechnik wurde an die sich durch die Praxistechnik ergebenden Großparzellen (27x27 m) angepasst. Verwendet wurde die "Integrated horizontal flux“ (IHF)-Methode. Bei dieser Methode wird innerhalb jeder Variante (hier gleich Parzelle) die Ammoniakkonzentration in unterschiedlichen Messhöhen erfasst und daraus ein vertikales Konzentrationsprofil ausgehend von der Ammoniakquelle, hier also dem begüllten Grünland, berechnet. Die Konzentrationsprofile werden anschließend mit der Windgeschwindigkeit multipliziert. Diese wurde mit einer im Feldversuch aufgebauten Wetterstation (Abbildung 2) gemessen; ebenfalls wurden die Temperatur Boden/Luft, die Strahlung, der Niederschlag und die Windrichtung gemessen.
Passivsammler_neu.jpg

Abbildung 2:
Passivsammler

Wetterstation 1_neu.jpg

Wetterstation

Berücksichtigt wurden auch die Ammoniakemissionen des Standortes selbst, also die Hintergrundemissionen. Dadurch können als Endergebnis die absoluten Ammoniakemissionen der begüllten Varianten in Kilogramm pro Hektar berechnet werden. Bei der Anordnung der Parzellen innerhalb jedes Versuches wurde zudem auf eine günstige Ausrichtung zur Hauptwindrichtung sowie einen ausreichenden Abstand zwischen den Großparzellen geachtet, um das Versuchsergebnis ggf. verfälschende Ammoniakquerdriften zu vermeiden.
Ergebnisse
Die unverdünnte breitverteilte Gülleapplikation (Möscha, Tab. 1) wies in allen vier Messkampagnen die höchsten Ammoniakemissionen auf. Dagegen konnte die Variante mit Gülleverdünnung im Verhältnis "eins zu eins“ und Breitverteilung (Möscha 1:1, Tab. 1) im Mittel die Ammoniakreduktion des Schleppschuhs erreichen.
Tabelle 1: Ammoniakverluste (%) in Relation zur ausgebrachten Ammoniumstickstoffmenge (TAN) für jede Variante (Spalte) und Messkampagne (Zeile). SD = Standardabweichung.
Eine Verdünnung 1:1 mit Breitverteilung und der Schleppschuhverteiler waren in ihrer Reduktionswirkung somit kaum unterscheidbar und reduzierten die Ammoniakemissionen um rund 58 %. Die Ammoniakemissionen aller Varianten erfolgten zeitnah nach der Ausbringung (nicht eigens dargestellt).
Festzuhalten bleibt aber auch: Eine Gülleausbringung bei niedrigen Temperaturen mit dem Breitverteiler ist nicht zuverlässig mit geringen Ammoniakemissionen verbunden. So schwankten die Emissionen beim Möscha mit unverdünnter Gülle in den Versuchen von 3 bis 22 % des mit der Gülle ausgebrachten Ammoniums. Bemerkenswert war, dass beim ersten Versuch in Triesdorf vergleichsweise hohe Emissionen trotz der niedrigsten Temperaturen gemessen wurden.

II. Untersuchung von Ammoniakemissionen während der Lagerung

Hier wurden die Ammoniakfreisetzungen von unterschiedlich verdünnter, von separierter Gülle sowie von angesäuerter Gülle während der Lagerung im Labormaßstab gemessen.
Abbildung 3: Emissionsmessanlage der LfLZoombild vorhanden

Abbildung 3: Emissionsmessanlage der LfL

Methodik:
In einer vollautomatisierten Versuchsanlage der LfL wurde die Ammoniakfreisetzung von verdünnter und separierter Gülle unter standardisierten Bedingungen (Temperatur, Luftgeschwindigkeit) im Labormaßstab ermittelt.
Als Varianten wurden drei verschiedene Verdünnungsstufen (Verhältnis 1: 0,5; 1:1 sowie 1:2), die separierte flüssige Phase sowie die Verdünnung der separierten flüssigen Phase auf einen TS-Gehalt von 3 % festgelegt.
Eine unbehandelte Gülle mit einem TS-Gehalt von 7,4% und Stickstoffgehalten von 3 kg/m³ Gesamt-N bzw. 1,2 kg/m³ Ammonium-N diente als Kontrollvariante.
Ebenso war eine Variante mit Gülle-Ansäuerung durch Milchsäure (pH-Wert: 6,4) vertreten. Die pH-Wert-Einstellung der Variante Milchsäure erfolgte einmal wöchentlich nach Bedarf.
Alle Varianten wurden in vierfacher Wiederholung über die Dauer von vier Wochen getestet. Hierbei wurden die Ammoniakkonzentration (Messprinzip: TDLS) sowie die Treibhausgaskonzentrationen von Kohlendioxid (CO2) und Methan (CH4) erfasst.
Ergebnis:
Nach einer Lagerdauer von vier Wochen konnte durch die kontinuierliche pH-Wert-Absenkung mit Milchsäure auf pH 6,4 eine signifikante Ammoniakminderung ermittelt werden (Abb. 4).
Daneben zeigte sich auch bei der Variante Verdünnung 1:0,5 eine signifikante Ammoniakminderung, während die Ammoniakfreisetzung bei höheren Zugaben von Wasser (Verdünnung 1:1 und 1:2) keinen Unterschied zur Kontrolle aufwies. Die Unterschiede zwischen den Verdünnungsstufen wurden auf die Ausprägung der Schwimmschicht zurückgeführt, welche mit zunehmender Wassermenge abnahm.
Auch bei der separierten flüssigen Phase mit einem TS-Gehalt von 4,8 % bzw. Gehalten an N-Gesamt- und Ammonium-N von 2,9 bzw. 1,2 kg/m³ konnte kein signifikanter Unterschied zur Kontrollvariante beobachtet werden. Eine zusätzliche Verdünnung der flüssigen Phase auf einen TS-Gehalt von 3 % führte hingegen zu einer erhöhten Freisetzung von Ammoniak.
Abbildung 4: Kumulierte Ammonium-Freisetzung nach vier Wochen Lagerung.

Aus den Untersuchungen konnte gefolgert werden:

  • • Milchsäure führt durch kontinuierliche Absenkung des pH-Werts auf 6,4 zu einer Minderung der Ammoniakfreisetzung im Lager.
  • • Eine geringe Wasserzugabe im Güllelager kann die Ammoniakfreisetzung während der Lagerung reduzieren.
Bei separierter Gülle kann eine zusätzliche Wasserzugabe zur flüssigen Phase die Ammoniakfreisetzung erhöhen.

III. Verdünnung von Rindergülle mit Wasser

Wissenschaftlich bereits bekannt ist seit langem, dass eine Gülleverdünnung mit Wasser zu einer Minderung der Ammoniakemissionen führt; dies auch unter der Voraussetzung, wenn jeweils die gleiche Menge an Stickstoff ausgebracht wird.
Im Projekt wurde untersucht, in welcher Größenordnung eine Verdünnung von Rindergülle mit Wasser erfolgen sollte damit die Ammoniakemissionen nach der Ausbringung mit dem Breitverteiler auf Grünland in gleicher Höhe liegen wie bei der bodennah-streifenförmigen Ausbringung mit dem Schleppschuh. Ebenfalls wurde untersucht, inwieweit die Ausbringung der flüssigen Phase einer zuvor separierten Rindergülle mit dem Breitverteiler eine relevante Emissionsminderung bewirkt.
Methodik
Dieses Experiment, sowie die beiden nachfolgend beschriebenen Versuche (Gülleausbringung bei Regen; Gülle mit Additiven) fanden im Laufe des Jahres 2024 ausschließlich im Allgäu am Spitalhof in Kempten als sogenannte Tastversuche auf Kleinparzellen statt. Dabei wurde auch eine einfache, jedoch genaue Messtechnik (Säurefallen) zur Bestimmung der Ammoniakkonzentration in der Luft über den Parzellen verwendet. Bei allen Experimenten wurden die Milchviehgüllen vom Spitalhof bezogen und mit einem Versuchsgüllefass mit 2,5 m Arbeitsbreite appliziert (Abb. 5, links). Die Kleinparzellen umfassten dabei eine Fläche von 56,25 m² (7.5 x 7.5 m). Zwischen den Parzellen wurde ein Schutzstreifen von 30 m zur Vermeidung von Ammoniakquerdriften eingehalten. Jede Variante war im Versuch dreimal vorhanden.
In der Mitte jeder Parzelle wurde eine Säurefalle (PVC Flasche enthält 20ml 0,05M Schwefelsäure als Reaktionsmittel für Ammoniak (=Base)) aufgestellt, die 15 cm über der Bestandsoberfläche die Ammoniakkonzentrationen erfasste. Dies ermöglichte eine relative Unterscheidung der Varianten anhand der kumulativen Konzentrationen je Messperiode. Zur Aufzeichnung wichtiger Witterungsparameter während der Kampagnen wurde innerhalb eines jeden Versuches eine Wetterstation (Abb. 5, rechts) aufgestellt.
Versuchsgüllefass.png

Abbildung 5: Versuchsgüllefass

Wetterstation

Wetterstation

Säurefalle

Säurefalle

Folgende Varianten wurden untersucht

  • Kontrolle ohne Düngung,
  • 1:0.5 (Gülle zu Wasserzusatz) verdünnte Rindergülle, breitverteilt mit Versuchsgüllefass,
  • 1:2 (Gülle zu Wasserzusatz) verdünnte Rindergülle breitverteilt,
  • Rindergülle unbehandelt breitverteilt,
  • flüssige Phase einer zuvor separierten Rindergülle breitverteilt,
  • Rindergülle unbehandelt, Schleppschuh des Versuchsgüllefasses.
Ergebnisse:
Bei diesem Verdünnungsversuch (Abbildung 3) wurden die höchsten Ammoniakkonzentrationen bei der unbehandelten und zudem breitverteilten Gülle gemessen. Unbehandelt heißt hier: Kein weiterer Wasserzusatz gegenüber der "Gülle unbehandelt“ mit 7,1% TS und 1,4 kg NH4-N/m3.
Verdünnungsversuch neu.PNG

Verdünnungsversuch

Abbildung 6: Summe der Konzentrationen von Ammonium-N (NH4-N) je Variante der 14-tägigen Messkampagne des Verdünnungsversuches. Unterschiedliche Buchstaben kennzeichnen signifikante Differenzen zwischen den Varianten (Tukey HSD, p-Wert = 0.05), Fehlerindikatoren zeigen ± Standardabweichung.
Die flüssige Phase (5,2 % TS, 1,4 kg NH4-N/m3) der separierten Gülle emittierte in diesem Versuch am zweitstärksten, konnte allerdings in etwa das Niveau des Schleppschuhs sowie der 1:0.5 verdünnten Gülle (4,7 % TS, 0,9 kg NH4-N/m3) erreichen. Die Separation brachte gegenüber der unbehandelten Gülle nur eine Verminderung des TS-Gehalts von rund 10 % und keine Minderung des Ammoniumgehalts. Gerade deshalb ist bei separierter Gülle eine emissionsarme, streifenförmige Ausbringtechnik sinnvoll.
Auch in diesem Versuch bestätigte sich, dass mit der Schleppschuhtechnik gegenüber der Breitverteilung eine signifikante Minderung der Ammoniakemissionen erreicht wird.
Die Zugabe von mehr Wasser zur Gülle auf ein Mischungsverhältnis von 1:2 bzw. 3,6 % TS und 0,5 kg NH4-N/m3) führte zu der höchsten Ammoniakemissionsreduktion.
Abbildung 7: Zeitlicher Verlauf der Ammoniakemissionen nach Gülleapplikation.
Mehr als 50 % der Ammoniakverluste traten bei allen Varianten innerhalb von 24 Stunden nach der Ausbringung auf, mehr als 90% waren es innerhalb von 3,5 Tagen. Damit konnte auch der manchmal geäußerte Verdacht entkräftet werden, dass beim Einsatz des Schleppschuhs Ammoniak zeitlich stark verzögert emittieren würde (Abb. 7).

IV. Regenversuch

Seit langem gängige Empfehlung ist es, Gülle möglichst bei bedecktem Himmel und/oder leichtem Regen auszubringen. Dies legt in der Praxis den Gedanken bzw. die Frage nahe, ob eine Ausbringung von flüssigen Wirtschaftsdüngern vor oder während regional vorhergesagten Regeereignissen evtl. ein "alternatives Verfahren“ sein könnte
Methodik
Bei diesem Tastversuch am Spitalhof in Kempten wurden vier Varianten in dreifacher Wiederholung getestet.
  • Kontrolle ohne Düngung
  • Geplante Applikation von unbehandelter Gülle des Spitalhofs, breitverteilt; Ausbringung erfolgte
    • am Anfang,
    • gegen Mitte und
    • am Ende des Regenereignisses (kein Regenfall mehr)
Ergebnisse
Der mit hoher Wahrscheinlichkeit von Wetterdiensten gemeldete Landregen blieb weitestgehend aus Dies führte zu einer sehr schwachen tatsächlichen Verdünnungswirkung (hinzu kam die Verdunstung) der applizierten Güllen gerade in der entscheidenden Zeit nach der Applikation (Abb. 8). Unterschiede in dem Emissionsverhalten in Abhängigkeit des Zeitpunktes der Gülleapplikation konnten nicht festgestellt werden (Abb. 9).
Regen_Übersicht

Regen_Übersicht neu.PNG

Abbildung 8: Regenereignisse während der Messkampagne. Graue Säulen entsprechen der Regensumme pro Tag, schwarze Säulen zeigen die Regensumme je Stunde. Gestrichelte Linien markieren die Zeitpunkte der Gülleapplikationen.
Barplot with errorbars neu.PNG

Barplot with errorbars

Abbildung 9: Summe der NH4-N Konzentrationen je Variante des Regenversuches. Fehlerindikatoren zeigen ± Standardabweichung.
Es bestätigte sich bei diesem Versuch: Ein Regenereignis kann zwar einen gewissen Beitrag zur Reduktion von Ammoniakverlusten nach der Ausbringung von flüssigen Wirtschaftsdüngern leisten. Jedoch ist eine exakte Vorhersage des erforderlichen regionalen Niederschlagsereignisses extrem schwierig. Dadurch ist auch eine Planung eines optimalen Ausbringfensters mit ausreichender „natürlicher“ Verdünnungswirkung der Gülle durch Regen nicht möglich. Auch deswegen scheidet vorhergesagter Regen als ein "alternatives Verfahren” zur bodennah-streifenfömigen Gülleausbringung aus.

V. Gülleadditive

Seit vielen Jahren werden von landwirtschaftlichen Betrieben der Gülle außer Wasser teilweise auch weitere Güllezusatzstoffe unterschiedlichster Art (z.B. Gesteinsmehle, Kohlen, Algenpräparate, Effektive Mikroorganismen, Kombinationen) zugesetzt. Erhofft werden sich dabei u.a. eine verbesserte Fließfähigkeit, weniger Gerüche im Lager und bei der Ausbringung und auch positive Effekte auf den Pflanzenbestand und die Nährstoffausnutzung.
Daher bestand die Frage, ob der Einsatz von vielversprechenden (Literaturergebnisse, Vorversuche) bzw. in der Praxis nachgefragten Gülleadditiven ein wissenschaftlich begründetes "alternatives Verfahren“ mit relevantem Ammoniakreduktionspotenzial bei der Ausbringung von Rindergülle sein könnte. Hinweis: Die pH-Absenkung durch mineralische, biologische Säuren bzw. Zuckerzusätze wurde hier nicht geprüft, da die pH-Absenkung auf kleiner/gleich 6,4 bereits jetzt ein gegebenes alternatives Verfahren ist.
Methodik
Bei diesem Versuch wurden folgende 5 Varianten in dreifacher Wiederholung getestet, davon drei Gülleadditive.
  • Rindergülle unbehandelt (Spitalhof)
  • Rindergülle mit Leonardit (humifiziertes Naturprodukt, 10kg/m³ Gülle)
  • Rindergülle mit "Activ NS" (unterschiedliche Tonminerale 20g/m3 Gülle)
  • Rindergülle mit BioAktiv® (naturreines Calziumcarbonat mit Sauerstoffaktivierung (15g/m3 Gülle))
  • Kontrolle ohne Düngung (Erfassung der Standort-NH3-Hintergrundkonzentration)
Die Additive wurden in die Gülle 6 Wochen vor der Ausbringung eingerührt und in Intermediate bulk container (IBC) vor Sonne und Regen geschützt am Spitalhof gelagert.
Die Gülleausbringung erfolgte mit Versuchstechnik auf Kleinparzellen.
Ergebnisse
Laufende Auswertung; Veröffentlichung im Dezember geplant.
Bisheriges Gesamtfazit von "AlterMin“
Als bisheriges (Stand Ende November 2024) Fazit ergibt sich: Nur die Gülleverdünnung mit Wasser erlaubt aus wissenschaftlicher Sicht die Möglichkeit eines "alternativen Verfahrens“ zur bodennah-streifenförmigen Technik. Aus den mit AlterMin erzielten Versuchsergebnissen sowie aus Literaturquellen konnte dabei ein Trockenmassegehalt von max. 4,6 % bestimmt werden, bei dem in Bayern Rindergülle nach den düngerechtlichen Vorgaben weiter mit dem Breitverteiler ausgebracht werden darf.

Projektinformation
Projektleitung: Dr. Annette Freibauer, Robert Knöferl
Projektbearbeitung:
LfL: Dr. Paul Heinemann, Sandra Riesch, Robert Knöferl & Team IAB,
Susanne Höcherl & Team ILT; Karlsruher Institut für Technologie (KIT): Dr. Benjamin Wolf, Dr. Rainer Gasche, Dr. Ralf Kiese & Team KIT
Technische Durchführung und Unterstützung:
LfL: Dr. Paul Heinemann, Sandra Riesch; Helmut Rampeltshammer, Michael Mutzob
Landwirtschaftliche Lehranstalten Triesdorf: Dr. Michael Tröster, Markus König, Friedrich Steinacker &Team;
Milchwirtschaftlicher Verein/Spitalhof: Elmar Karg, Christian Knoll;
MUVA Kempten: Dr. Monika Knödlseder, Dr. Maximilian Moravek & Team MUVA;
Bayerische Staatsgüter (BaySG): Matthias Göppel, Niklas Rehklau, Bernd Kutter, Helmut Zeller
Projektlaufzeit: 01.11.2023 – 31.01.2025
Finanzierung durch: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft, Forsten und Tourismus
Förderkennzeichen: A/23/14