Ökologische Krautfäulebekämpfung
Die Kraut- und Knollenfäule, verursacht durch den Erreger Phytophthora infestans, ist weltweit als eine der wichtigsten Krankheiten im Kartoffelanbau anzusehen. Im Ökologischen Kartoffelanbau stellt dieser Erreger nach wie vor ein ungelöstes Problem dar und kann hohe Ertrags- und Qualitätseinbußen verursachen.
Während im konventionellen Kartoffelanbau effektive Verfahren, wie z.B. Prognosemodelle und zahlreiche Fungizide zur Verfügung stehen, kann der Befall im ökologischen Kartoffelanbau zur Zeit nur durch Einsatz von kupferhaltigen Pflanzenschutzmitteln reguliert werden, da ausgereifte Alternativen zur Zeit nicht zur Verfügung stehen. Dies reicht jedoch für eine effektive Krautfäulebekämpfung in Jahren mit hohem Infektionsdruck häufig nicht aus.
Um dieser Situation Rechnung zu tragen, wurde am Institut für Pflanzenschutz mit einem Forschungsprojekt des Prognosesystems ÖKO-SIMPHYT zur gezielten Bekämpfung der Kraut- und Knollenfäule im ökologischen Kartoffelanbau begonnen. In das Forschungsvorhaben eingebunden sind die Biologische Bundesanstalt (BBA) in Braunschweig, die Zentralstelle der Länder für EDV-gestützte Entscheidungshilfen und Programme im Pflanzenschutz (ZEPP) in Bad Kreuznach, der Bioland Erzeugerring Bayern e.V., der Ökoring Niedersachsen, die Pflanzenschutzdienste der Länder und der Deutsche Wetterdienst (DWD). Weiterhin stehen Experten des ökologischen Landbaus aus den Bereichen Forschung, Beratung und Praxis sowie der Agroscope Reckenholz in Zürich als projektbegleitende Arbeitsgruppe zur Seite. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft im Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau finanziert.
Ziel: Kupferminimierung
Hauptziel des Forschungsvorhabens ist es auf Basis der witterungsbedingten Epidemiebewertung, den Einsatz kupferhaltiger Fungizide im ökologischen Kartoffelanbau auf das absolut notwendige Maß zu begrenzen. Dabei werden drei grundlegende Strategien verfolgt:
- Reduzierung des Primärbefalls durch eine Pflanzgutbeizung
- Entwicklung von Fungizidstrategien zur Kontrolle des Sekundärbefalls
- Entwicklung, Validierung und Praxiseinführung des Prognosemodells ÖKO-SIMPHYT
Gerade im ökologischen Kartoffelanbau stellt der Primärbefall (Stängelbefalls) ein großes Problem dar, weil er mit Kupferspritzungen nur schwer zu kontrollieren ist und schnell zum vorzeitigen Ausbruch von Sekundärbefall führen kann. Ein Ziel des Projektes ist es, Strategien zur Kontrolle des Primärbefalls zu entwickeln. Dazu soll das Pflanzgut mit Kupferpräparaten gebeizt werden, um hierdurch die Infektionskette von der latent infizierten Knolle bis zum Ausbruch des Stängelbefalls zu unterbrechen. Wird durch eine Beizung der Primärbefall entscheidend reduziert, kann mit einem schwächeren und zeitlich verzögerten Epidemiebeginn gerechnet werden. Je später die Krautfäuleepidemie beginnt, desto weniger häufig müssen anschließend Spritzapplikationen durchgeführt werden.
Zur Kontrolle des Sekundärbefalls (Blattbefalls) sollen Fungizidstrategien entwickelt werden, die es erlauben, die notwendige Kupferaufwandmenge unter Berücksichtigung des Infektionsdruckes, des Applikationszeitpunktes und der aktuellen Witterung zu bestimmen. Dies soll durch den Einsatz des Prognosemodells ÖKO-SIMPHYT erreicht werden, mit dem eine Vorhersage des Spritzstarts und der Folgeapplikationen möglich sein wird. Im Modell werden die Spritzabstände in Abhängigkeit vom Infektionsdruck und von der Witterung variabel berechnet, so dass zukünftig von starren Spritzfolgen, d.h. von wöchentlichen Routineapplikationen Abstand genommen werden kann. Bei den Bioland- und Naturlandverbänden in Deutschland sind Kupferpräparate mit einer Aufwandmenge von maximal 3 kg/ha Reinkupfer im ökologischen Kartoffelanbau erlaubt. Durch das Modell ÖKO-SIMPHYT soll eine variable Anpassung der Aufwandmengen an den aktuellen Infektionsdruck möglich sein, um hierdurch eine maximale Wirkung mit möglichst reduzierten Mengen zu erzielen. Es werden verschiedene Kupferformulierungen und Aufwandmengen getestet sowie der Sortenfaktor und das Verfahren des Vorkeimens berücksichtigt.
Basierend auf die im Jahr 2005 erarbeiteten Versuchsergebnisse zum Primär- und Sekundärbefall wurde von der Zentralstelle der Länder für EDV-gestützte Entscheidungshilfen und Programme im Pflanzenschutz (ZEPP) zunächst ein Arbeitsmodell von ÖKO-SIMPHYT erstellt. Dazu wurde das Prognosemodell SIMPHYT erweitert und an die Gegebenheiten des ökologischen Kartoffelanbaus angepasst. Dieses Arbeitsmodell wird im Jahr 2006 in Zusammenarbeit mit der Anbauberatung und den Pflanzenschutzdiensten der Länder in ersten Demoversuchen bundesweit getestet.
Krautfäulesituation 2005
Das Jahr 2005 war kein typisches Phytophthora-Jahr. Obwohl in Bayern das Frühjahr 2005 zeitweise sehr nass war und sich das Wasser vor Reihenschluss in einigen Gebieten zwischen den Dämmen staute, blieb der gefürchtete Phytophthora-Stängelbefall weitgehend aus. Als Grund hierfür sind in erster Linie die zu kühle Witterung, insbesondere die Nachttemperaturen, die zu diesem Zeitpunkt häufig unter 10 °C lagen, anzusehen. Darüber hinaus dürften, bedingt durch die ungünstigen Auflaufbedingungen, ein Großteil der latent infizierten Pflanzknollen im Boden verfault sein. Auf Grund der zu kühlen Witterung im Sommer, bereitete auch der Sekundärbefall in Bayern vielerorts keine Probleme.
Pflanzgutbeizung
Trotz des niedrigen Infektionsdruckes wurden im ersten Projektjahr erfolgversprechende Ergebnisse erzielt. Durch die Pflanzgutbeizung mit einem Kupferpräparat war es möglich, den Primärbefall am Stängel und auch den daraus resultierenden Sekundärbefall am Blatt zu reduzieren (Abb. 1 + 2). Durch die Beizung wurde also nicht nur der Primärbefall entscheidend reduziert, auch der Epidemiebeginn war schwächer und zeitlich verzögert. Phytophthora infestans kann nach ergiebigen Niederschlägen und hoher Bodenfeuchte entweder von der infizierten Pflanzknolle im Stängel nach oben wachsen oder auf der Oberfläche der Mutterknolle sporulieren. Durch die Kupferbeizung ist das direkte Einwachsen aus der kranken Knolle in den Stängel vermutlich nicht beeinflusst worden. Wahrscheinlicher ist, dass die Sporulation auf der Knollenoberfläche verhindert, bzw. reduziert wurde und hierdurch eine weitere Verbreitung der Zoosporen über das Bodenwasser auf Nachbarpflanzen erheblich vermindert wurde.
An den Standorten Puch und Strassmoos war Phytophthora infestans im Stängel bereits wenige Tage nach dem Auflaufen mit der PCR-Methode nachweisbar, obwohl der sichtbare Befall erst zwei Wochen später auftrat. Der positive PCR-Nachweis stand häufig im Zusammenhang mit den Regenereignissen. Die Untersuchungen und Praxisbeobachtungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass die Niederschlagsmenge und die Bodenfeuchte maßgeblichen Einfluss auf das Auftreten von Stängelbefall haben können. Kommt es ab dem Auflaufen der Kartoffeln bis Reihenschluss zu starken Niederschlägen und ist der Schlag über mehr als drei Tage nicht befahrbar, ist 10 bis 14 Tage später ein Auftreten von Stängelsymptomen sehr wahrscheinlich. Aufgrund des besseren Wasserhaltevermögens sind dabei Kartoffeln auf Lehmböden wesentlich stärker gefährdet als auf leichteren Standorten.
Wirkung einer Kupferbeizung auf Stängelphytophthora (Standort Strassmoos)
Wirkung einer Kupferbeizung auf den späteren Blattbefall (Standort Strassmoos)
Kupferapplikationen
Im Jahr 2005 führten alle durchgeführten Fungizidstrategien zu einer Reduzierung des Krautfäulebefalls (Abb. 3). Während von SIMPHYT 1 als Spritzstart der 4. Juli vorgegeben war, trat ein sichtbarer Blattbefall erst am 19. Juli auf. Die Variante Cuprozin fl. mit 4 x 750g/ha erzielte die beste Befallsreduktion, obwohl die letzte Applikation 14 Tage zurück lag. Auf Grund der relativ niedrigen Befallsstärke wurden aber zwischen den anderen Versuchsgliedern keine gravierenden Unterschiede festgestellt.
Das erste Projektjahr hat gezeigt, dass eine Pflanzgutbeizung und eine an den Infektionsdruck angepasste Fungizidstrategie mit Kupferpräparaten die Kraut- und Knollenfäule im ökologischen Kartoffelanbau regulieren kann. In den folgenden Projektjahren werden auf Basis der witterungsbedingten Epidemiebewertung von ÖKO-SYMPHYT die durchgeführten Maßnahmen weiter optimiert. Angestrebtes Ziel ist es, das Modell ÖKO-SIMPHYT Anfang 2008 der landwirtschaftlichen Praxis zur Verfügung zu stellen.
Auswirkungen verschiedener Kupferspritzungen auf den Blattbefall (Standort Puch)
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Ziel diese Projektes war, auf Basis der witterungsbedingten Epidemiebewertung durch das neue Prognosemodell ÖKO-SIMPHYT, den Einsatz von Kupfer im ökologischen Kartoffelanbau auf das absolut notwendige Maß zu begrenzen.
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Die Forschung und Entwicklung zum ökologischen Landbau wird an der LfL seit ihrer Gründung im Jahr 2003 als Querschnittsaufgabe (Arbeitsschwerpunkt) organisiert. An den 9 Instituten der LfL wurden im Zeitraum 2008-2013 rund 50 Forschungsprojekte zum ökologischen Landbau in enger Zusammenarbeit mit ausgewählten Praxisbetrieben und der Ökolandbau-Beratung in Bayern bearbeitet.
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